Eklat zum Prozeß-Auftakt


Lieferte sich mit Vorsitzendem Richter Peter Wörner (links) ein Rededuell und entschuldigte sich hinterher: Staranwalt Rolf Bossi (83).
Fotos: Erich Zwick

Der wegen versuchten Mordes angeklagte Josua P.
NEUMARKT/ NÜRNBERG. Der auf vier Verhandlungstage angesetzte Prozess gegen den 32 Jahre alten Josua P. wegen versuchten Mordes war noch keine zwei Stunden alt, als es zwischen Rolf Bossi, einem der bekanntesten Strafverteidiger Deutschlands, und dem Vorsitzenden Richter Peter Wörner zum Eklat kam.

"Von Ihnen lasse ich mir das Wort nicht nehmen - ich führe hier die Verhandlung", platzte Wörner der Kragen, als Bossi zum wiederholten Male dem Vorsitzenden ins Wort gefallen war und etwas vom "Grundsatz der Unschuld" des Angeklagten und von dessen "Ausnahmezustand zur Tatzeit" in den Raum brüllte.

Nach einer Sitzungsunterbrechung fand der inzwischen 83 Jahre alte Staranwalt von einst, der in seiner Glanzzeit die Schauspielerin Ingrid van Bergen, die ihren Lebensgefährten erschossen hatte, den Kindermörder Jürgen Bartsch, den Entführer Dieter Degowski aus dem Gladbecker Geiseldrama, den Hochstapler Gert Postel und andere echte und zweifelhafte Prominente vertreten hatte, zu seiner Fassung zurück. Er entschuldigte sich beim Vorsitzenden und schob seine Entgleisung auf einen "Ausnahmezustand" ähnlich dem, in dem sich sein Mandant bei der seinerzeitigen Tatausführung befunden haben musste.

An die Tat im Mai vergangenen Jahres konnte sich der Angeklagte, der in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wurde, nur noch vage erinnern. So blieb seinem inzwischen gesundheitlich wieder hergestellten Opfer, der damals 26 Jahre alten Zahnarzthelfern Kathrin S., die Zeugenaussage nicht erspart, vor der sie Bossi eigentlich bewahren wollte.

Ehe jedoch die attraktive junge Frau am Nachmittag zu Wort kam, rekonstruierte Oberstaatsanwalt Walter Knorr anhand der Anklageschrift die Bluttat.

Vorausgegangen war eine eineinhalb Jahre lange Beziehung der beiden, die der Glaubensgemeinschaft der "Zeugen Jehovas" angehören. Als das Verhältnis abkühlte und sich Kathrin S. den Heiratsabsichten ihres Liebhabers zur Wehr setzte, wollte dieser Gewissheit. Er schickte ihr eine SMS-Botschaft, in der er sie aufforderte, sich binnen 24 Stunden zu erklären.

Diese Zeit ließ die Zahnarzthelferin verstreichen, weshalb Josua P. die persönliche Konfrontation suchte. Er lauerte ihr mit einem Rucksack auf der Schulter, in dem sich ein Beil befand, in der Stefanstraße in Neumarkt auf und überredete sie, mit ihm noch einen Abendspaziergang zu unternehmen, um sich Klarheit zu verschaffen.

In einer dunklen Ecke des "real"-Parkplatzes in der Dreichlingerstraße kam es dann zum Wortwechsel, in dem sie ihn als "Psychopathen" abgekanzelt haben soll. Darauf - das räumte er ein - sei er "ausgerastet", habe das Beil aus dem Rucksack geholt und blindwütig auf sie eingeschlagen. Erst durch ihre Hilferufe und durch das Hinzukommen von Passanten habe er von ihr abgelassen und sei geflohen:

Durch die Bahnhof-Unterführung, dann in ein Schnellrestaurant, von wo aus er seine Mutter angerufen habe, dann über Fürth, wo er am nächsten Tag Geld abhob, nach Regensburg und weiter nach Ungarn an den Plattensee und Neusiedlersee, wo ihn die ungarische Polizei aufgrund eines internationalen Haftbefehls festnahm.
Erich Zwick

Welche Rolle ein zur Tat mitgebrachter Spaten gespielt hat und was das Opfer aussagte, lesen Sie noch im Laufe des Dienstagabends. (Bericht hier)
10.10.06
Neumarkt: Eklat zum Prozeß-Auftakt
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