Gedanken zu Weihnachten

Von Monsignore Richard Distler, Dekan

„Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht bis zur Mitte gelangt war, da stieg dein allmächtiges Wort, o Herr, vom Himmel herab, vom königlichen Thron“. So sinniert der Eröffnungsvers aus dem Buch der Weisheit vom 2.Sonntag der Weihnachtszeit über das Geheimnis der Heiligen Nacht. Wenn Astronauten es fast beängstigend finden, welch totales Schweigen im Weltall herrscht, dass es dort ewige stille Nacht ist, dann schlägt der Verfasser des Weisheitsbuchs völlig andere Töne an.

Zwar spricht auch er vom totalen Schweigen in der Welt-all-Nacht, aber dieses Schweigen wird durchbrochen vom allmächtigen Wort Gottes. Dieser tiefsinnige Theologe aus dem Jahr 50 vor Christus mag daran gedacht haben, dass laut der Bibel alles durch das schöpferische Wort Gottes geschaffen wurde. Doch scheint er nicht nur Gottesgelehrter, sondern auch Wissenschaftler gewesen zu sein, denn er lebte im ägyptischen Alexandria, dem damals berühmtesten Zentrum der hellenistischen Wissenschaft. Mit seinem Gedanken vom Absprung des Wortes Gottes in unsere Welt war er wohl gar nicht so weit entfernt von dem, was uns der Evangelist Johannes zur Weihnacht kündet: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater!“ Tatsächlich war die Geburt des Gottessohnes so etwas wie die bedeutendste Sternstunde der Menschheit.

Da hat die Weltgeschichte gleichsam den Atem angehalten. Wenigstens für kurze Zeit war die Welt so, wie sie sich der Schöpfer gedacht hat. Es war jener faszinierende Moment, wo der Himmel weit offen war, wo der Glanz Gottes sich breit machte, wo die Nacht fast zum Tag wurde und wo das Schweigen der Welten-Nacht dadurch durchbrochen wurde, dass „Gott endgültig zu uns gesprochen hat durch den Sohn“. So wurde die Weltall- und die Weltennacht nicht mehr angstmachend, sondern heilbringend. Aber hat nicht dennoch die Nacht die Oberhand behalten? Vieles in unserer Welt blieb und bleibt doch dunkel, finster, unverständlich und manchmal sogar irrsinnig. Ist da nicht die Finsternis stärker als das Licht, wenn wir allein nur an das Jahr 2014 denken: An den Terror der IS-Milizen in Syrien und im Irak, an den Gaza-Krieg, an den neuerlichen Terror in Nigeria oder in Pakistan, wo über 140 Schulkinder niedergeschossen wurden.

„Die Realität der gefallenen Welt bricht sich rasch wieder Bahn“, so schreibt unser Eichstätter Bischof in seinem Weihnachtsgruß. Wo ist da Heil und Erlösung in Sicht? Wo ist da wenigstens für einen Moment der weihnachtliche Friede möglich, so wie damals, als an manchen Fronten während des ersten und zweiten Weltkriegs wenigstens für ein paar Stunden am heiligen Abend die Waffen schwiegen? Äußerst heilsam könnte dieses friedliche Schweigen auch für uns sein, wenn wir wieder ganz bewußt auf das göttliche Wort und auf die Weihnachtsbotschaft hören würden. Aber sind wir wirklich noch Hörende oder eher doch Lärmende? Unsere Welt ist zu laut und zu marktschreierisch geworden. Man hält dagegen: Wer sich nicht bemerkbar macht, wer nicht trommelt, der wird nicht gehört. Oder wer nicht in den öffentlichen oder sozialen Medien präsent ist, der kann nicht mitmischen.

Aber ist nicht gerade Weihnachten die Zeit, unsere laute Welt durch das Schweigen, die Stille, die Ruhe, durch das Gebet und die Freude am Gottesdienst zu durchbrechen? Ist nicht Weihnachten die Zeit, Gott wieder sprechen und hineinsprechen zu lassen in unsere Herzen? Die Zeit, wo wir dem allmächtigen Wort wieder die Chance geben, vom göttlichen Thron auch in unsere Herzen, Gedanken, Worte und Gefühle hineinzuspringen? Denn die Erlösung ist schon passiert, sie ist schon geschehen. Die Finsternis ist nicht mehr total finster. Die Nacht der Welt ist schon erhellt durch den Glanz der göttlichen Ankunft und durch die Gottesgeburt im Kind von Bethlehem.

Deshalb wartet das weihnachtliche Licht darauf, dass wir es in unserer großen und kleinen Welt sichtbar machen. Da warten ein Kranker auf uns, ein Einsamer, ein vergessener Freund, die neu angekommenen Flüchtlinge oder die Armen der Welt. Vertrauen wir einfach diesem gewagten „Sprung des göttlichen Wortes“. Gott hat sein Schweigen durchbrochen, endgültig und einmalig im Sohn, im Kind, in Jesus, im Christus. Aber werden wir ihm Antwort geben?
Von Pfarrer Peter Loos


Ein Herrscher wollte Gott sehen. Er befahl seinen Weisen, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Natürlich konnte das keiner. Alle fürchteten die Strafe. Da kam ein Hirte und sagte: „Erlaube mir, König, deinen Wunsch zu erfüllen“. „Gut“ entgegnete der König, „aber bedenke, es geht um deinen Kopf“.

Der Hirte zeigte dem König die Sonne. „Sieh hin“ sagte er. Der König hob die Augen, aber der Glanz blendete ihn so sehr, dass er die Augen sofort wieder schloss. „Willst du, dass ich erblinde“ sagte er zu dem Hirten. „Aber König, das ist doch nur ein Ding in der Schöpfung, ein schwacher Abglanz der Größe Gottes. Wie willst du mit deinen schwachen, tränenden Augen Gott sehen? Suche ihn mit anderen Augen“. Der Einfall gefiel dem König. Er sagte: „Ich erkenne deinen Geist und sehe die Größe deiner Seele. Antworte nun: Was war vor Gott?“ Nach einigem Nachdenken sagte der Hirt: „Sei nicht zornig wegen meiner Bitte, König, aber zähle“. Der König begann: „Eins, zwei...“. „Nein“, unterbrach ihn der Hirt. „Nicht so, fange mit dem an, was vor eins kommt“. „Wie kann ich denn, vor eins gibt es doch nichts“. „Sehr weise, Herr, auch vor Gott gibt es nichts“.

Die Antwort gefiel dem König noch besser, als die vorhergehende. „Ich werde dich reich beschenken. Vorher aber antworte noch auf die dritte Frage: Was macht Gott?“ „Gut sagte der Hirt“ auch darauf will ich antworten. Nur um eins bitte ich: Lass uns für eine kurze Zeit die Kleider tauschen“. Das taten sie. Und der Hirt sagte: „Das macht Gott. Er steigt vom Thron seiner Erhabenheit und wird einer von uns. Er gibt uns, was er hat, und nimmt das an, was wir haben und sind“.

Wie mag sich der König gefühlt haben in dem groben und rauen Gewand des Hirten. An Weihnachten hören wir wieder die befreiende Mitteilung, dass Gott im Kind in der Krippe zu uns herabgestiegen ist. In Jesus ist er einer von uns geworden. Er kennt unsere Situation. Er weiß was uns belastet. Der Engel hat den Hirten bei Bethlehem das Kind in der Krippe als Heiland angekündigt. Wenn wir dies be - greifen und er – greifen, dann haben wir Gottes Weihnachtsgeschenk angenommen.

24.12.14
Neumarkt: Gedanken zu Weihnachten
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