Unnötige Abholzungen ?


Diese gefällten Pappeln sorgten für Entrüstung bei Bürgern

NEUMARKT. Die Baum-Abholzungen im ehemaligen Landesgartenschau-Gelände wären nach Meinung von Naturschützern nicht notwendig gewesen.

Die von der Stadt schon bei der Ankündigung der Fällaktion ins Feld geführten Gründe (wir berichteten) greifen nach Meinung des Bundes Naturschutz nicht. Die Naturschützer berufen sich dabei auf den Bundesgerichtshof (BGH).

Im zeitigen Frühjahr ist die Zeit, um Bäume zu stutzen und Hecken zurückzuschneiden, heißt es in einer Stellungnahme des Bundes Naturschutz. Was aber in den letzten Monaten ablief, habe viele Bürger der Stadt und des Landkreises ziemlich erzürnt. Noch nie gingen beim Bund Naturschutz und beim Landesbund für Vogelschutz so viele Meldungen und Beschwerden ein wie in diesem Jahr. Anrufe und Emails häuften sich und im Gespräch sei "mancher Bürger nur noch schwer zu beruhigen".

Nach den Pappel-Abholzungen im LGS-Gelände wären die Bürger "fassungslos vor den aufgeschichteten Holzstämmen" gestanden, hieß es. Inzwischen steht nach Überzeugung des BN fest, daß es keinerlei Grund zu dieser Maßnahme gab. Die Begründung der Stadt in Richtung Sicherheitsaspekte habe kein Geringerer als der Bundesgerichtshof (BGH) in die Schranken gewiesen.

Mit Urteil vom 6. März 2014 hat der BHG verkündet, dass Schäden, die durch herabfallende Äste gesunder Bäume entstehen, nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen. Damit gilt auch für Pappeln, die den sogenannten Grünastabbruch zeigen, keine erweiterte Verkehrssicherungspflicht. Der BN fordert daher ein Umdenken in den Kommunen, "gerade in der Stadt Neumarkt".

Auch in diesem Jahr wurden in Neumarkt wieder eine größere Anzahl von stattlichen Bäumen gefällt. Nicht wenige wurden meist aus "Sicherheitsgründen" entfernt, darunter auch die Großpappeln im LGS-Gelände, die als Lebensraum und für das Kleinklima von großer Wichtigkeit waren. Schon in den vergangenen Jahren fielen immer wieder Hybridpappeln der Säge zum Opfer und wurden durch junge Bäume ersetzt.

"Ein nicht unerheblicher Teil dürfte vollkommen gesund gewesen sein und wurde nur aufgrund der Gefahr des sogenannten natürlichen Grünastabbruches gefällt", kritisiert Alfons Greiner vom Bund Naturschutz. Der BN habe schon früher diese Praxis der vorsorglichen Entfernung "unsicherer" Bäume deutlich kritisiert. Auch im Landkreis wurden Pappeln gefällt.

"Nun urteilte der BGH, dass der Umstand, dass bei manchen Baumarten auch im gesunden Zustand Äste abbrechen können, nicht zur Folge hat, diese Bäume als eine Gefahrenquelle einstufen zu müssen, die zu beseitigen sei", so der Verband.

Ein natürlicher Astabbruch, ohne vorherige Anzeichen, gehöre daher auch bei anfälligeren Baumarten zu den naturgebundenen und somit hinzunehmenden Lebensrisiken. Eine Verkehrssicherungspflicht, diese Bäume zurückzuschneiden oder gar zu beseitigen, bestehe nicht.

„Ich hab übrigens von einem Baumfachmann die Aussage bekommen dass keiner dieser Bäume wegen Standsicherheitsproblemen hätte gefällt werden müssen, auch der innen Hohle wäre kein Problem und die anderen waren gesund“, so die Aussage eines Naturschützers laut Alfons Greiner.

Auch Bernd Söhnlein, der 1. Vorsitzende des Landesbund für Vogelschutz, fordert im Zusammenhang mit dem BGH-Urteil ein grundsätzliches Umdenken. Es lassen sich einfach nicht alle Lebensrisiken durch Naturgefahren ausschließen. Hier kommen gesellschaftliche Ängste zum Ausdruck, die ihre Ursache in einer schleichenden Naturferne haben, der mit viel Einfühlungsvermögen entgegengewirkt werden muss.

Aber nicht nur in der Stadt, sondern auch in vielen Orten des Landkreises seien Bürger ziemlich sauer auf die Behördenmaßnahmen. Brigitte Schmidt aus Dietfurt sieht jedes Jahr im Frühjahr einen "Kampf Mann gegen Baum". Es würden von den Straßenmeistereien "rücksichtslos und ohne erkennbares Fachwissen" die Bäume entlang der Straßen gestutzt und abgesägt.

Vielfach würden Bäume auch nur ein Opfer der Motorsägen, weil sie „Dreck“ machen und einigen Sauberkeitsfanatikern ein Dorn im Auge sind, sind sich der BN und manche Bürger einig.

Der BN will sich an die Kommunen im Landkreis und auch an die Straßenbaubehörden wenden. Ein "Kettensägenmoratorium" wäre ein erster Schritt, es gehe aber darum, Bäume wieder als das zu sehen, was sie sind: sie sorgen für ein gesundes Kleinklima, filtern Staub aus der Luft, sind Nahrungsbiotop für viele Tierarten, bieten vielen Vögeln die Basis für ihre Jungenaufzucht, liefern den Schatten für eine angenehme Erholung, sorgen für eine nicht zu unterschätzende Raumästhetik, die enorme psychische Auswirkungen auf Menschen hat.
15.04.14
Neumarkt: Unnötige Abholzungen ?
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