"Ouvertüre zum Karfreitag"

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Der Palmsonntag weckt zunächst in Vielen von uns die Erinnerung an die Kindheit. Da wurde auch schon mal unter Buben gewetteifert, wer denn den schönsten Palmbüschl habe mit dem längsten Haselnussstecken. Noch heute tragen in Oberpfälzer Landen die Kinder hohe Palmbuschen. Sie erinnern damit an die "Kinder von Jerusalem, die Zweige von den Bäumen abhieben", um mit ihnen Jesus beim Einzug in ihre Stadt als dem Messias zu huldigen.

Diese Feier des Einzugs Jesu wurde zu allen Zeiten festlich begangen. Schon um das Jahr 400, so berichtet die Pilgerin Ätheria, gab es in Jerusalem vom Ölberg her eine Prozession mit Palm- und Ölzweigen. Dieser Brauch wurde um das Jahr 600 von Spanien und Gallien übernommen und fand im 8.Jahrhundert in Deutschland Aufnahme, wo man jedoch, wie auch heute noch, Buchs- und Weidenzweige segnete, die jedoch schon Kätzchen trugen.

Der Palmsonntag selber läutet bereits die Karwoche oder die große Heilige Woche ein und damit die Feier der "Drei Österlichen Tage", den Höhepunkt im Kirchenjahr. Vielen jedoch kommt der Palmsonntag wie ein innerer Bruch vor. Da singt das Volk noch unterwegs bei der Prozession: "Hosanna, dem Sohne Davids" und "Heil dir, Christus, König und Erlöser!" Doch in der Kirche werden dann die Gläubigen schlagartig mit in die Passion, also in das Leiden und Sterben Christi hineingenommen. Dieser Bruch ist hart. So hat ihn auch Jesus einst erlebt, als aus dem Hosanna ein "Kreuzige ihn" wurde. Aber ist dies nicht auch bei uns heute manchmal Realität? Da läuft unser Leben den gewohnten Gang, man arbeitet, feiert oder vergnügt sich ein wenig. Doch dann plötzlich eine Krankheit, eine schlimme Todesnachricht oder irgendein anderes Leid in der Familie. Da ändert sich oft schlagartig das Leben und wir haben uns darauf einzustellen.

So auch bei Jesus und genauso bringt es auch die Feier des Palmsonntags zum Ausdruck. Da wird Jesus auf einen Esel gehoben, der Esel war in Israel das königliche Tier. Das Hinaufheben erinnert an den König Salomon, wie man ihn einst auf den Thorn hinaufgehoben hat. Auch das "Ausbreiten der Kleider" war im alten Israel so etwas wie ein "roter Teppich" für den neuen König und für den erwarteten Messias. Doch Jesus ist ein Messias und König ganz anderer Art: Er baut nicht auf Macht und Gewalt oder auf eine Revolution gegen die römischen Besatzer. Er ist der Friedenskönig, der König der Armen und Kleinen, wie ihn schon der Prophet Sacharja angekündigt hat. Als solchen feiern ihn die Kinder von Jerusalem und das Volk. Dennoch lässt man sich ein paar Tage später zum vernichtenden Ruf: "Kreuzige ihn!" hinreißen.

So ist der Palmsonntag so etwas wie der Auftakt oder die Ouvertüre zum Karfreitag, aber auch schon zum Osterfest, zum Fest der Auferstehung. Sagt doch der Auferstandene selbst zu den Emmausjüngern: "Musste nicht Christus all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit einzugehen?"
12.04.14
Neumarkt: "Ouvertüre zum Karfreitag"
Telefon Redaktion


Telefon Redaktion


neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
Zur Titelseite neumarktonline
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
18. Jahrgang