Gedanken zu Allerheiligen

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Wer mit Kindern zu tun hat, der weiß bald, wie sehr sie sich freuen, wenn man ihren Namen kennt und wenn man diesen auch richtig ausspricht. Sind sie dann älter, dann wird ihnen auch der eigene Namenspatron immer wichtiger. Sie möchten Genaueres erfahren, wo und wie er gelebt hat und warum er eigentlich ein Heiliger ist.

Was ist denn ein Heiliger? Gerade am Allerheiligenfest, das die Katholiken am 1. November als hohen Feiertag begehen, ist diese Frage wohl angebracht. Schon um das Jahr 150 n. Chr. beginnt die früheste Form der Heiligenverehrung, angestoßen durch die Verehrung der vielen christlichen Märtyrer, die es schon im 1.Jahrhundert gab.

Heute aber erscheinen die Heiligen oft als Exoten aus einer anderen Welt. Das Heilige und Göttliche ist für viele wie ein Fremdkörper. Denn man hält Heilige gern für lebens- oder weltfremd und für übertriebene Frömmler. Aber waren und sind das die Heiligen?

Gewiss gab es in der Kirchengeschichte echte Übertreibungen, was die Frömmigkeit oder was Bußübungen betrifft. Aber ein Mensch, der sich gleichsam selbst zum Heiligen macht, der ist nie ein wirklicher Heiliger. "Heilige sind vielmehr wie Stimmgabeln in einer verstimmten Welt", sagt Kyrilla Spieker. Es sind vor allem unsere Verstimmungen Gott gegenüber, denen die Heiligen wieder einen reinen Ton geben möchten. Sie geben ihn durch die Klarheit, Wahrheit und Lauterkeit ihres Lebens, das ganz auf Gott ausgerichtet war, so dass ihr Leben wie ein Instrument war, auf dem Gott seine Melodien spielen konnte. So könnte man mit dem heiligen Franz von Sales sagen: "Die Heiligen sind wie klingende Musik, deren Notenblatt das Evangelium ist".

Tatsächlich scheinen die Heiligen ganz bestimmte Teile des Evangeliums oder der Seligpreisungen Jesu zum Klingen zu bringen: Ein heiliger Franz von Assisi: "Selig, die arm sind vor Gott". Ein heiliger Bruder Klaus von Flüe: "Selig, die Frieden stiften". Oder die kleine heilige Therese von Lisieux: "Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen". Von ihr stammt auch das Wort: "Ich will meine Zeit auf Erden damit verbringen, Gutes zu tun und Gott damit eine Freude zu machen".

Aber es gibt auch die dunklen Seiten im Leben der Heiligen, es sind Stunden, Tage und Jahre, wo sie die sogenannte "Nacht des Glaubens" erfahren haben, die Gottesferne, das Gottesdunkel und die Gottesfinsternis. So ein heiliger Johannes vom Kreuz, der heilige Bruder Klaus oder auch die allseits bekannte selige Mutter Teresa. Man kann nur Respekt haben vor solchen Menschen, die trotz harten Ringens mit Gott ihren Glauben nie verloren haben und auch im Dunkel an Gott festhielten: Die wirklich Heiligen also absolut keine Frömmler oder nur Tugendbolde, eher schon Menschen, in deren innerstem Wesen etwas vom erschreckend und zugleich faszinierend Göttlichen aufleuchtet.

Deshalb würden wir alle, so wie unsere Kinder, gut daran tun, wieder näher nach den Heiligen zu fragen. Denn die Heiligen sind, ähnlich unseren Kindern, ihrem göttlichen Ursprung noch am nächsten.
31.10.11
Neumarkt: Gedanken zu Allerheiligen
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