Abgespecktes Heizkraftwerk


Diplom-Ingenieur Volkmar Schäfer stellte das überarbeitete Projekt am Donnerstagabend im Stadtrat
vor.
Foto:wm

Auf der gelb markierten Fläche soll das Kraftwerk entstehen.
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Lange Leitung: Das Kraftwerk (oben grün) und die Abnehmer
(unten, rot).(Zur Vergrößerung auf die Grafik klicken)
NEUMARKT. Das Neumarkter Biomasse-Heizkraftwerk soll nach nicht unerheblicher Verzögerung nun doch gebaut werden - am ursprünglich vorgesehenen Platz am Berliner Ring bei Holzheim, aber nur halb so groß wie früher geplant. Am Donnerstagabend gab der Stadtrat knapp - vor allem gegen viele CSU-Stimmen - "Grünes Licht" für das Projekt.

Oberbürgermeister Thomas Thumann hatte bekanntlich zu Beginn des Jahres die Notbremse gezogen, nachdem ein Gutachten des Prüfungsverbandes erhebliche Defizite im laufenden Betrieb prophezeite. Jetzt soll das Kraftwerk am gleichen Platz eine Nummer kleiner und mit entsprechend geringerem Minus errichtet werden. Auf die Produktion, Weiterleitung und Verkauf von Dampf wird man in der abgespeckten Version verzichten - schließlich sei der Energieverlust in der ursprünglich geplanten Dampfleitung zur Knödelfabrik "Burgis" einer der Hauptgründe für das errechnete Defizit im ersten Entwurf gewesen.

"Burgis" wird demnach auf heißen städtischen Dampf verzichten müssen, soll sich aber als möglicher Abnehmer von "normaler Industrie-Wärme" noch immer im Kreis der potentiellen Kunden befinden.

Oberbürgermeister Thomas Thumann und noch mehr der neue Werksreferent Karl-Heinz Brandenburger warfen sich mächtig ins Zeug: Der Beschluß müsse in "baldiger Bälde" erfolgen, sagte Brandenburger, "jeder Tag später kostet unser Geld".

OB Thumann zitierte im Stadtrat den Neumarkter Landrat, der am selben Tag solche Kraftwerke den Kommunen ans Herz gelegt habe. Was Thumann nicht so deutlich sagte: Landrat Löhner hat die Stadt mit der kaum verhohlenen Drohung, die Wärmeversorgung der landkreiseigenen Bertriebe und Schulen selbst in die Hand zu nehmen, gehörig unter Druck gesetzt. Es bestehe aber bei der jetzigen Situation "nach wie vor Interesse" im Landratsamt, zitierte der Oberbürgermeister den Landkreis-Chef, "es habe sich nichts geändert".

Geändert hat sich allerdings, daß Landkreis-Betriebe in der dampflosen Version des Heizkraftwerkes mit weit über einem Drittel der derzeit geplanten Abnahme der größte Kunde sein werden - allein das Klinikum würde 31 Prozent der Energie verbrauchen. Weitere Großkunden sind nach jetzigem Informationsstand das Kloster (18 Prozent), die von der Firma Ritter betreuten Immobilien (17 Prozent) und die Neumarkter Lammsbräu (12 Prozent).

Die kleine Lösung des Biomasseheizkraftwerkes am Berliner Ring soll rund 16 Millionen Euro an Investitionen erfordern, 19.400 Megwattstunden Strom und 20.800 Megawattstunden Wärme abgeben - das entspricht in allen Bereichen etwa der Hälfte der ursprünglichen Planung.

Diplom-Ingenieur Volkmar Schäfer von der Planungsfirma "Eta-Energieberatung" versuchte den Neumarkter Stadträten das abgespeckte Kraftwerk schmackhaft zu machen. Entlang der Fernwärmleitung könne man natürlich auch noch Privathäuser anschließen - allerdings nicht in völlig unbegrenzter Zahl. Im Gegensatz zu Industriebetrieben oder Kliniken haben nämlich die Privatleute die für eine gleichmäßige Auslastung des Kraftwerks unangenehme Eigenschaft, im Winter mehr Energie zu verbrauchen als im Sommer. Je kontinuierlicher aber die Wärmeabnahme das ganze Jahr über funktionierte, um so preisgünstiger könne man produzieren und umso wirtschaftlicher sei die Anlage.

Ein Draufzahlgeschäft wird das Heizkraftwerk für Stadtwerke und Stadt sowieso für viele Jahre: Bei einer Inbetriebnahme im Jahr 2010 würde der durchschnittliche Verlust pro Jahr bis ins Jahr 2029 rund 258.000 Euro betragen. Erst dann sei die Tilgung abgeschlossen und das Kraftwerk würde Gewinne abwerfen.

Doch das ist alles noch Zukunftsmusik: derzeit geht man von vorerst nur 15 Kunden aus. In Pfaffenhofen, wo die Firma "Eta" das erste derartige Kraftwerk baute, stieg die Zahl der Kunden von anfangs 30 sehr schnell auf inzwischen 150 an.

In der langen Diskussion wurde klar, daß die Energieversorgung mit nachwachsenden Rohstoffen von allen Seiten befürwortet wird. FLitZ-Stadtrat Johann Gloßner kündigte allerdings schon frühzeitig seine Ablehnung an, weil er sich nicht ausreichend genug informiert fühlte.

Noch nicht einmal das Gutachten des Prüfungsverbandes - Grund für die damalige "Notbremse" - sei den Stadträten bisher ausgehändigt worden, kritisierte Gloßner. OB Thumann warf er vor, schuld an diesem "Informations-Stau" zu sein: "Ich muß Sie rügen!"

Ungewohnte Schützenhilfe bekam Gloßner in diesem Punkt von der CSU: Helmut Lahner stieß ins selbe Horn ("da muß ich dem Gloßner recht geben!") und fragte ebenfalls nach dem Gutachten, das "schließlich kein Geheim-Dokument sein sollte".
18.07.08
Neumarkt: Abgespecktes Heizkraftwerk
Telefon Redaktion


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