Gedanken zum Buß- und Bettag

von Dekan Dr. Wolfgang Bub

Liebe Leserinnen und Leser,

ich bin auf einem Dorf in Mittelfranken aufgewachsen. Am Buß- und Bettag gingen meine Eltern und viele andere evangelische Christen zum Abendmahl. Bewusst bereiteten sie sich darauf vor. Manche lasen dazu zuhause die Zehn Gebote und dachten über ihr Leben nach. Vor dem Abendmahl musste man sich in der Sakristei anmelden. Schwarz gekleidet und mit ernster Miene legten dann die Christen die gemeinsame Beichte ab um anschließend das Heilige Abendmahl zu empfangen. So hat sich der Buß- und Bettag in meine Kindheitserin-nerungen eingeprägt.

Die Menschen in meinem Heimatdorf gingen in der Regel zweimal im Jahr zum Abendmahl: In der Karwoche und am Buß- und Bettag. Dadurch brachten sie ihre Hochschätzung für das Abendmahl zum Ausdruck. Es war ihnen so wertvoll, dass sie den Empfang von Leib und Blut Jesu Christi auf zwei Tage im Jahr beschränkten.

Landläufig gilt Buße als Selbstbestrafung. Gemeint ist damit jedoch vor allem eine Selbstbesinnung und neue Hinwendung zu Gott. So gesehen ist der Buß- und Bettag zwar ein ernster, aber auch ein froh machender Tag.

Er erinnert daran, dass Gott uns einiges zutraut: Unter anderem, dass wir die Gabe haben, über unser Leben und unsere Gesellschaft nachzudenken und zu erkennen, was gelungen und was weniger gelungen ist. Ebenso, dass wir in der Lage sind, uns zu ändern und von schlechten Wegen umzukehren. Das Böse im Leben ist nicht immer Verhängnis. Das Schlechte in dieser Welt ist nicht immer unabänderliches Schicksal. Es gibt manches Ungute, was wir nicht ändern, sondern nur hinnehmen können. Aber es gibt auch vieles, wo wir etwas dafür tun können, dass die Welt ein wenig menschenfreundlicher und damit gottgefälliger wird.

Wie gut täte es zum Beispiel unserer Gesellschaft, das Maß der Dinge nicht so sehr in der Entwicklung der Aktienkurse und Gewinne zu sehen. Wie viel wäre gewonnen, wenn wir mehr bereit wären, einen gerechteren Preis für Fleisch und Wurst, für Konsumgüter und Produkte aus Entwicklungsländern zu bezahlen.

Wie heilsam wäre es, wenn in der Arbeitswelt ältere Arbeitnehmer wieder mehr gefragt wären und nicht schon mit 45 Jahren nicht mehr gebraucht würden.

Wie wichtig wäre es, sich nicht abzufinden mit der wachsenden Armut in unserem Land. In Deutschland muss niemand hungern. Gott sei Dank! Aber mehr und mehr Menschen fällt es aus finanziellen Gründen schwer, am sozialen Leben teilzunehmen oder nötige Bildungsangebote wahrzunehmen. Wie gut täte es uns, wenn wir aus unserer immer wieder neuen Gottvergessenheit umkehren und mehr nach Gottes Willen fragen und nach ihm leben würden.

Wie heilsam wäre es, wenn die Menschen Gott mehr erzählen würden, was sie bewegt. Wenn auf diese Weise ihr Gottvertrauen und damit auch ihre Kraft, Nötiges anzupacken, gestärkt würden.

Buße fängt beim Einzelnen an. Ich selbst bin gefragt, wenn es darum geht, umzukehren und es neu und besser zu versuchen. Auch daran erinnert der Buß- und Bettag.

Erstmals wurde dieser Feiertag im Jahr 1532 begangen. Er sollte die damals drohende Türkeninvasion abwenden. Seit dieser Zeit ordneten Landesherren bei Seuchen, Missernten, Teuerungsphasen, Kriegsgefahr oder Unwetter Bußtage an. Durch die Hinkehr zu Gott sollte dieser sich erbarmen und das Leid wenden. Die Menschen wurden aufgerufen, umzukehren und ihr Leben bewusster an Gottes Geboten auszurichten. Der Empfang des Heiligen Abendmahls ermutigte viele dazu.

Seit dem Jahr 1934 begehen die evangelischen Christen in Deutschland den Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag als Buß- und Bettag. Im Jahr 1995 wurde er - außer in Sachsen - zur Finanzierung der Pflegeversicherung als gesetzlicher Feiertag leider gestrichen. Eigentlich müsste jeder Tag ein Buß- und Bettag sein. Immer wieder kommt es darauf an, sich Gott neu zuzuwenden, ihn zu bitten, dass er vor Gefahren und schlechten Entwicklungen bewahrt und Kraft gibt, von unguten Wegen umzukehren und es neu und besser zu versuchen.

Einen gesegneten Buß- und Bettag wünscht Ihnen

Ihr
Dekan Dr. Wolfgang Bub
22.11.06
Neumarkt: Gedanken zum Buß- und Bettag
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