Gedanken zur Fastenzeit

Von Monsignore Richard Distler, Dekan

Fastenzeit! Für manche kein angenehmes Wort, andere aber sehnen sich danach. Denn sie brauchen feste Zeiten und einen geordneten Rahmen, der ihnen Mut macht zur Selbstbeherrschung. Besonders schön ist dies ausgedrückt in der vierten Fastenpräfation der katholischen Messe: "Denn durch das Fasten des Leibes hältst du die Sünde nieder, erhebst du den Geist und gibst uns die Kraft und den Sieg durch unsern Herrn Jesus Christus". Da gibt uns die Liturgie der Kirche einen Rahmen vor, innerhalb dessen eine sinnvolle Selbstbeherrschung möglich wird.

Wer hätte es in den Hungerjahren während und nach dem Krieg geglaubt, dass es eines Tages eine Wohlstandsverwahrlosung gibt und Unmengen an Lebensmitteln einfach weggeworfen werden ? Wo landen eigentlich die wertvollen Speisen, die nach üppigen Buffets nicht verzehrt werden? In vielen Religionen – besonders im Christentum - weiß man um den notwendigen Spannungsbogen von Verzicht und Fülle. Es gibt eine Zeit zum Verzichten und eine Zeit zum Feiern. Fastenzeiten gehen genussvollen Hochfesten wie z.B. dem Osterfest voraus. Die Zeiten des Verzichts können auch wichtige Elemente des Glaubens fördern: Einkehr, Besinnung, Achtsamkeit, eine tiefere Gottesbeziehung, das Beten und das Schweigen. So können die 40 Tage der "Österlichen Bußzeit", wie die Fastenzeit auch genannt wird, so etwas sein wie eine fruchtbare Auszeit, wo man abschaltet, um den Geist einzuschalten und zu Gott zu erheben.

Wer sich von diesem geistlich-religiösen Rahmen der Fastenzeit tragen lässt, für den sind diese 40 Tage dann keine Zeit qualvollen Abspeckens oder des sich "fast zu Tode Hungerns", sondern Tage des Aufbauens, der inneren Freude und der Bereicherung. Das ist mit auch der Grund, warum in den Pfarreien während der Fastenzeit eine ganze Reihe von Einkehrtagen, geistlichen Vorträgen, Besinnungswochenenden, Betstunden oder wie in unserer Neumarkter Hofpfarrei der Fastenweg "Unterwegs nach Emmaus" angeboten wird.

Da geht es auch darum, dass Fasten nicht zur Heldentat eines Einzelnen wird, sondern ein gemeinsamer Weg, wo man sich gegenseitig stützt und beschenkt im geistlichen Leben oder auch im gemeinsamen Verzichten. Da geht es darum, dass das Verzichten und das sich Einlassen auf Gott oder das Wort Gottes kein Minuszeichen, sondern ein ganz großes Pluszeichen fürs Leben wird, weil es uns gelingen kann, alles Oberflächliche loszulassen und in die tieferen Geheimnisse unseres Lebens vorzustoßen.

Mittlerweile bestätigen das auch die neuesten wissenschaftlichen Forschungen. Langzeitbeobachtungen haben ergeben, dass schon Kinder, die von klein auf lernen, ihre Bedürfnisse zu beherrschen, erfolgreicher durchs Leben kommen als Kinder, denen jeder Wunsch möglichst sofort erfüllt wird.

Geringere Selbstkontrolle führt tendenziell zu schlechteren schulischen und beruflichen Leistungen und zu höherer Wahrscheinlichkeit, in irgendeiner Form süchtig zu werden. Da ist wohl auch die Frage zu stellen: Nützt die allgegenwärtige Spaßkultur mit allerlei Zerstreuungen und Events wirklich den jungen Leuten heute oder fördert nicht doch eher ein gesundes Maß an Disziplin und Verzicht die Konzentration auf das Wesentliche und eine bessere Lebensqualität? Sich solche Fragen zu stellen, auch dazu ist die Fastenzeit da, die mit der Feier des Aschermittwochs und mit dem Empfang des Aschenkreuzes "eingeläutet" wird.

Da kann sich jeder bewusst werden, wie vergänglich und zerbrechlich das eigene Leben ist, aber auch welche Größe der Mensch erreichen kann, wenn er sein Herz zu Gott erhebt und sich, wie es in der Fastenpräfation heißt, gnadenhaft durch Buße und Verzicht von ihm beschenken lässt.
08.03.11
Neumarkt: Gedanken zur Fastenzeit
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