Konzept vorgestellt


Ein Tourismus-Konzept für die Stadt Neumarkt wurde vorgestellt

NEUMARKT. Neumarkt als Tourismus-Stadt ? Die in den Augen vieler Neumarkter etwas abwegige Idee war offenbar völlig ernst gemeint.

Jedenfalls wurde am Dienstagabend eine Studie "Integriertes Tourismuskonzept Stadt Neumarkt" vorgestellt, das die Stadt beim Lehrstuhl Tourismus der Katholischen Fakultät Eichstätt-Ingolstadt in Auftrag gegeben hat (wir berichteten).

Tourismusexperte Prof. Dr. Harald Pechlaner präsentierte vor geladenen Gästen eine "mögliche touristische Ausrichtung für Neumarkt", "aufbauend auf den Kernkompetenzen der Stadt".

Im Forum "Neumarkter Meinungen" hielt sich die Begeisterung in Grenzen.

Aus der Zusammenfassung der Studie:

Den Ausgangspunkt der Studie bildeten mehrere Fragestellungen zur zukünftigen Entwicklung des Tourismus in Neumarkt. So war neben der Frage nach möglichen Zielgruppen und der Stellung Neumarkts im Wettbewerb vor allem der Bereich Vernetzung ein wichtiges Thema. Um erfolgreich am Markt bestehen zu können, betont die Studie bei den Kernkompetenzen der jeweiligen Destination bzw. Region anzusetzen, da diese die Grundlage für die Entwicklung neuer und einzigartiger Produkte bilden. Ohne eine Berücksichtigung der gelebten Werte, Fähigkeiten und Prozesse vor Ort ist es nicht möglich authentische Angebote zu erstellen, die die Bedürfnisse der Gäste nicht nur zufrieden stellen, sondern vor allem auch begeistern können.

Die Durchführung der Studie beinhaltete neben einer umfangreichen Sammlung und Analyse von Daten (u.a. Internetseiten, statistische Daten und bisherige Studien) auch die Durchführung von 20 Interviews mit Experten aus den Bereichen Tourismus, Wirtschaft und Verwaltung sowie Vertretern weiterer Interessensgruppen, um einen möglichst breiten Einblick in die Verhältnisse vor Ort zu gewinnen. Zusätzlich wurden 294 Gäste direkt in Neumarkt befragt zu Eindrücken, Zufriedenheit und etwaigen Verbesserungsvorschlägen.

Die Autoren betonten, dass Neumarkt, obwohl es mit deutlich weniger als 100.000 Übernachtungen pro Jahr sicherlich noch keine Tourismusstadt im klassischen Sinne ist und auch keine typischen Besuchermagnete wie Seen vorweisen könne, doch an einem wichtigen Wendepunkt seiner Entwicklung stehe, da es sehr wohl in anderen Bereichen große Potentiale gäbe.

Auffällig sei laut Studie, dass Neumarkt in der Gästebefragung zwar gute Zufriedenheitswerte erreiche, aber keine Faktoren vorweisen könne, die die Gäste auch begeistern könne. Man bewege sich zwar insgesamt auf einem überdurchschnittlichen Niveau, habe aber im oberen Qualitätssegment noch deutliche Lücken, die sowohl von den Gästen, aber auch den Experten wahrgenommen werden. Abgesehen vom Geschäftsreisetourismus und dem primär im Landkreis vorhandenen Golftourismus erreiche Neumarkt bislang keine überregionale Strahlkraft und könne die Gäste nur zu kurzen Aufenthalten in der Stadt motivieren. Bei den Attraktionspunkten der Stadt stechen bislang nur die klassischen "Landmarken" wie die Burg Wolfstein und das LGS-Gelände hervor. Die Museen, allen voran das neu eröffnete Museum für historische Maybachfahrzeuge, verfügen jedoch mittlerweile ebenfalls über entsprechende Bekanntheitswerte bei den Gästen. Zudem wurde die Attraktivität der Stadt insbesondere um die Burg Wolfstein und am Kanal als besonders hoch eingeschätzt. Nur mittelmäßig zufrieden zeigten sich die befragten Gäste mit dem ÖPNV und dem Parkplatzangebot, während das gastronomische Angebot insgesamt als gut eingestuft wurde.

Bei der übergeordneten Fragestellung, wie die Stadt nach außen vernetzt ist, betonte Prof. Pechlaner, dass Neumarkt sich in einer Art Scharnierfunktion zwischen verschiedenen Räumen befindet und letztlich keinem dieser Regionen alleinig zuzuordnen sei. Neumarkt habe demnach neben Mittelfranken und der Oberpfalz auch Verbindungen hin zum Raum Ingolstadt, so dass die Empfehlung nur lauten könne, sich nicht ausschließlich mit einer dieser Regionen tourismuspolitisch zu identifizieren, sondern zu versuchen, sich bei allen produktiv einzubringen und natürlich auch von allen zu profitieren. So sei es durchaus sinnvoll im Netzwerk des Naturpark Altmühltal als attraktive Stadt mittlerer Größe wahrgenommen zu werden, während man in Bezug zur Metropolregion Nürnberg eher als ländlicher Raum gelte und auch so wirken sollte. Dies sei ein Spagat, der aber mit den geeigneten Produkten und dem entsprechenden positiven Engagement sehr fruchtbar für Neumarkt wirken könne.

Dies müsse aber auch wieder in Verbindung mit den Ergebnissen der Gästebefragung gesehen werden, da die Frage nach möglichen Begeisterungsfaktoren auch die Antwort gäbe, wie sich Neumarkt im übergeordneten Netzwerk einbringen kann. Die Studie führt dazu einen dreistufigen Ansatz an, der die Entwicklung hin zu einer touristischen Destination in die Bereiche Mobilität, Attraktion und Erlebnis aufteilt. Während man im Bereich Mobilität mit der Autobahnanbindung schon gut aufgestellt sei und auch über eine gute Angebotsstruktur im Tourismusbereich verfüge, die einen attraktiven Aktionsraum für Gäste bilde, zeige besonders das Feld Erlebnisraum noch deutliche Schwächen, da es bislang an einer authentischen Atmosphäre und einer "stimmigen" Inszenierung des Raumes fehle, in der die Gäste sich wohl und "wie im Urlaub" fühlen können. Dieser Bereich stelle, so die Autoren, eine wichtige Herausforderung bei der Entwicklung des Tourismus in Neumarkt dar. Neben der Stadt sind hier auch die touristischen Akteure vor Ort, allen voran der Tourismusverband, gefragt, dieses Feld zu bearbeiten und die zukünftige Entwicklung positiv zu gestalten. Dies allein werde aber nicht reichen, um Neumarkt zu einer Tourismusstadt zu machen. Vielmehr bedürfe es auch völlig neuer Themen und Produkte, neben den bereits angesprochenen, um das Ziel zu erreichen. In der Studie wurde von den Experten immer wieder die starke Ausprägung des Unternehmertums, der Qualität des lokalen Handwerks und des erfolgreichen Mittelstands betont. Auch die Konzentration von Kompetenzen im Bereich "Bauen" sei immer wieder angesprochen worden – wiewohl auch die gewerbliche Verteilung darauf hinweist. Eine Kombination von Industrie und Tourismus im Kontext der Kompetenzen im Bereich "Bauen" sowie Fragen zur Nachhaltigkeit könnte ein interessantes Entwicklungspotenzial für Neumarkt darstellen.

Die hohe Attraktivität von Industrieerlebniswelten auch in vermeintlich konsumentenfernen Märkten wie Stahl oder Holz ist ein häufig zitierter Beleg. In Neumarkt biete es sich darüber hinaus an, diesen Ansatz mit den Themen Kultur und Nachhaltigkeit zu verbinden, so dass eine nicht nur überregional, sondern sogar international bedeutsame Kernkompetenz rund um das Thema "Nachhaltiges Bauen" entstehen könne. Entscheidend sei eine entsprechende Integration der Wirtschaft in die weitere Diskussion.

16.02.11
Neumarkt: Konzept vorgestellt
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