"Tod und Trauer"
NEUMARKT. Man kann ihn verdrängen oder sich offensiv mit ihm auseinandersetzen – mit dem besonders im grauen November aufkommenden Gedanken an die eigene Sterblichkeit. Die Stadtbibliothek lud ein, den zweiten Weg zu gehen.
Auf ihrem aktuellen Thementisch liegt eine überraschende Vielfalt von Büchern zum Thema "Abschied nehmen". Die Auswahl reicht von Ratgebern zur Grabgestaltung und selbst arrangierten Trauerfeiern über Rechts- und Erbschaftsfragen bis hin zu anrührenden Schicksalsromanen.
- 50 Gestaltungsideen für Gräber enthält der gleichnamige Titel von Christiane James. Jedes der Mustergräber – Einzel-, Doppel-, Familien- und Urnengräber - stellt die Autorin mit einem Foto vor, erläutert Bepflanzung und Pflege je nach Lage und Jahreszeit. Dem gleichen Thema widmet sich der Band "Grabgestaltung" von Brigitte Kleinod mit vielen nützlichen Expertentipps. Wertvoll sind auch die Hinweise zu Grabzeichen, Grabsteinen, Einfassungen, und Symbolen.
- "Den letzten Abschied selbst gestalten", dazu ermutigt Magdalena Köstler mit ihrem außergewöhnlichen, teilweise recht kritischen Ratgeber. Wo setzen kirchliche Rituale, Bestattungsgesetze und Friedhofsnormen Grenzen? Wo ist dennoch Spielraum für eigene, vielleicht sogar völlig unkonventionelle Ideen? Eine Fundgrube für alle, die individuelle Wege gehen wollen, heißt es zu Recht in einer Buchbesprechung. Eher auf herkömmlichen Wegen bewegt sich der Ratgeber "Die Trauerfeier" von Georg Schwikart, liefert aber gerade dazu konkrete Tipps für Ablauf und Gestaltung, von einfühlsamen Vortragstexten bis hin zur passenden Musik.
- "Tröstende Worte und Reden im Trauerfall" sind nicht immer leicht zu finden. Eva Michaelis hilft in ihrem Buch mit Ratschlägen für Beileidskarten, Beileidsbekundungen, Kondolenzreden und geht zeitgemäß sogar auf Novitäten wie elektronische Trauerkarten ein.
- "Rechtsfragen im Todesfall" heißt das Taschenbuch von Walter Zimmermann. Hinterbliebene, Angehörige, Erben, auch Nichterben und schließlich Gläubiger – sie alle erhalten praxisnahe Hilfestellung in Erbrechtsfragen (aktuelle Erbrechtsreform vom 1. 1.2010!) wie Testament, Erbfolge, Pflichtteil, Erbenhaftung, Erbschein, bei Bestattungsproblemen einschließlich Feuer- und Seebestattung, oder bei Fragen von Sozialleistungen, Witwen- und Waisenrente, Sterbegeld und Beihilfen.
- Der Ratgeber "Wenn die Eltern sterben" von Barbara Dobrick wendet sich an erwachsene Hinterbliebene, spricht mit Fallgeschichten und psychologisch fundierten Darlegungen Trauergefühle, Trauerphasen, Abschiedsrituale, Umgang mit Erbe und Vermächtnis an. "Plötzlich ohne Kind" ist die entgegen gesetzte Konstellation. Die Autorin Petra Hohn beschreibt als selbst Betroffene, welche Gedanken die Eltern in dieser schweren Zeit bewegen, gibt Hilfen, durch Trauer zum Neuanfang zu finden.
- ""Jenseits" – ein schlichter Titel für ein großes (und großformatiges) Text-Bild-Werk, in dem Freya Rickert und Brian Innes faszinierende Aspekte von Tod und Jenseits ausbreiten. Die Stichworte zu einzelnen Kapitel deuten an, wie weit der Bogen gespannt ist: Mythen der Kulturvölker, Selbstmord, Euthanasie, Sterbehilfe, spontane Selbstentzündung, Menschenopfer, Hinrichtung, Todesrituale, Jenseitsvorstellungen, Ahnenkult, Nekromantie, Spiritismus, Reinkarnation, Nahtod-Erfahrungen, Geister, Zombies, Untote und vieles mehr.
- "Oskar und die Dame in Rosa" ist vor wenigen Wochen in den Kinos angelaufen und hat schon zahllose Besucher verzaubert. Die Stadtbücherei hat das Buch zum Film, eine unsentimentale und gerade deshalb so anrührende Erzählung von Eric-Emmanuel Schmitt über einen zehnjährigen Buben, der nur noch kurze Zeit zu leben hat. Oma Rosa verführt ihn dazu, jeden der kommenden Tage so zu betrachten, als würde er zehn Jahre dauern. So erlebt er Liebe und Eifersucht, Verlust und Versöhnung (mit seinen Eltern, die aus Angst vor dem Unabwendbaren die Begegnung mit ihm meiden). Einfühlsam und liebevoll, ein Buch, das zu Herzen geht.
- "Du stirbst nicht" von Kathrin Schmidt schildert das Schicksal einer Frau, die nach einem Hirnschlag knapp dem Tod entronnen ist. Sprache und Erinnerungen sind ausgelöscht, sämtliche Körperfunktionen außer Kontrolle. Aber sie gibt nicht auf, begleitet von Rückschlägen, Wut und Verzweiflung erkämpft sie sich Schritt für Schritt den Weg zurück ins Leben. Das alles ist keineswegs Fiktion, sondern die literarische Verarbeitung eines selbst er- und überlebten Schicksals!
- "Reise zu Lena" von Alfred Neven DuMont spaltet die Leserschaft – Begeisterung und Rührung auf der einen Seite, Irritation und Ablehnung auf der anderen. Die alternden Albert (nicht zufällig mit ähnlichem Namen wie der 82-jährige Autor) und Ann schauen verbittert auf ihr Leben zurück, das aus den Fugen geraten ist, als ihre geliebte Tochter bei einem Tauchgang verunglückte. Albert welkt dahin, seine Frau begegnet ihm mit Vorwürfen. Eine unerwartete Wendung tritt ein, als Glories beste Freundin Christie auftaucht und den verbitterten Vater mit zu ihrer Mutter Lena nimmt. Dort erfährt er die Wahrheit über Glories Leben und Sterben, findet wieder zu sich selbst und verlässt seine Frau.
27.10.10
Neumarkt: "Tod und Trauer"