"Selbst engagieren"


Harald Klimenta
NEUMARKT. Die Finanzkrise stand im Mittelpunkt eines Vortrags von Harald Klimenta, Mitglied des wissenschaftlichen Rates von "attac".

Klimenta spricht sich für eine Regionalisierung der Bankenstruktur aus und fordert die Bürger auf, sich zu engagieren. Mit etwa 70 Besuchern war der Saal im Johanneszentrum gut gefüllt, als der Regensburger Publizist und attac-Aktivist die Ursachen und Wirkungen der aktuellen Finanzkrise erklärte. Unter den Besuchern waren auch einige Bürgermeister und Bankenvertreter.

Veranstalter waren die Regina GmbH und die Bildungswerke KEB, VHS und EBW. Klimenta erläuterte kurz das Zustande kommen der Krise und ging auf die Konjunkturprogramme ein. Die stellt er nicht grundsätzlich in Frage. "Ohne Konjunkturprogramme würde die Verschuldung nur noch höher sein", so Klimenta. Allerdings seien nicht alle Maßnahmen sinnvoll. So sei zu diskutieren, warum es für ein altes Auto eine Verschrottungsprämie von 2500 Euro gebe, für ein Kind aber nur 100 Euro in die Hand genommen würden.

Zu glauben, man könne ohne Banken auskommen, nütze nichts. Eine hochkomplexe Gesellschaft wie unsere brauche ein funktionierendes Bankensystem. Es müsse aber noch andere Ziele als Gewinnmaximierung geben, forderte Klimenta.

Er zeigte an einigen Beispielen auf, wie sich der Bankensektor künftig entwickeln sollte: Die Banken müssten wieder ihre Maklerfunktion einnehmen, wie dies früher der Fall gewesen sei. Sie sollten einer strikten demokratischen Kontrolle unterworfen werden. Die Bilanzobergrenze könnte beispielsweise bei zehn Milliarden Euro festgelegt werden und für alle Finanzdienstleistungen sollte eine Genehmigungspflicht eingeführt werden.

Klimenta sprach sich auch für eine Regionalisierung der Bankenstruktur aus, insbesondere mit Blick auf die Privatbanken. Sparkassen und Genossenschaftsbanken seien hier ja sehr aktiv. Dennoch müsste das regionale Engagement der Banken noch wesentlich verstärkt werden. "Nähe verstärkt das Verantwortungsbewusstsein", so der Referent dazu.

Mit Blick auf die Gesamtwirtschaft monierte er: "Wir leiden unter einer Wahrnehmungs-verschiebung: Wir haben zwei Millionen kleine und mittlere Unternehmen, aber über die nur etwa 1000 Aktiengesellschaften im Land wird permanent berichtet, nämlich durch die Aktienkurse. Das ist vor allem Werbung für diese Firmen".

Der letzte Teil des Vortrags drehte sich um die Frage "Und was kann der Bürger dabei tun"? Klimenta forderte die Zuhörer auf, sich zu organisieren, das eigene Handeln zu überdenken und sich zu engagieren. Nur wenn man gemeinsam agiere, könne man etwas bewegen.

Auch das eigene Verhalten will dabei bedacht sein. Als Beispiel nannte er kirchliche Bewegungen, deren Mitglieder sich zunehmend mit diesen Themen auseinandersetzten. Ethische Geldanlagen, alternative Banken und regionales Einkaufen sein Handlungsansätze, denen jeder folgen könne. Auch der Konsum regionaler Produkte sei eine Möglichkeit. "Hier gibt es ja den Regionaldo. Wieso nehmen daran nur 50 Unternehmen teil?" fragte er in die Runde.

Im Anschluss wurde unter anderem diskutiert, ob der Euro die Krise wohl überstehen werde und wie es denn um das Angebot von nachhaltigen Bankprodukten bestellt sei.
12.02.09
Neumarkt: "Selbst engagieren"
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