Trübe Aussichten im Rentenalter. Da viele Frauen über Jahre hinweg nur in Teilzeit- oder
Mini-Job gearbeitet haben, sind sie besonders von Altersarmut bedroht, warnt die Gewerkschaft
NEUMARKT. Im Landkreis Neumarkt arbeiteten Ende letzten Jahres rund 18.300 Frauen in Teilzeit, Mini-Job oder
Leiharbeit.
Damit machten sie 76 Prozent der „atypischen Beschäftigung“ aus, wie
eine gleichnamige Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Das teilt die IG
Bauen-Agrar-Umwelt mit und warnt zugleich vor einer zunehmenden
Altersarmut für Frauen: „Prekäre Jobs führen zu niedrigeren Rentenansprüchen.“
Dabei seien Zeiten der Schwangerschaft oder Kindererziehung noch nicht einmal
berücksichtigt.
„Wenn Politik und Wirtschaft nichts unternehmen, dann werden Frauen bei der Rente
immer öfter zu Verliererinnen“, sagt Stefan Königsberger, Bezirkschef der IG BAU
Oberpfalz. Besonders besorgniserregend sei der Trend, dass Teilzeit immer mehr
zum Normalarbeitsverhältnis für Frauen werde. So gab es nach Angaben der
Böckler-Studie im Landkreis Neumarkt zuletzt knapp über 10.000
Teilzeit-Arbeiterinnen – 81 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Demgegenüber
haben Ende letzten Jahres nur 1.350 Männer in Teilzeit gearbeitet. Außerdem waren
mit insgesamt 7.937 Mini-Jobberinnen 67 Prozent aller geringfügig Beschäftigten im
Kreis weiblich.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Rentendebatte fordert die IG BAU, die Situation
der Frauen stärker in den Blick zu nehmen. „Gerade in der Gebäudereinigung, im
Gartenbau und in der Floristik bekommen sie kaum Vollzeitstellen, sondern Teilzeit oder
Mini-Jobs. Die Folge ist, dass Frauen trotz jahrzehntelanger Arbeit im Alter zum
Sozialamt gehen müssen“, so Gewerkschafter Königsberger. Zudem fehlten Frauen
wegen Erwerbsunterbrechungen häufig mehrere Jahre an Rentenbeiträgen. Und
auch nach einer Scheidung stünden viele Frauen mit leeren Händen – aber oft mit
dem alleinigen Sorgerecht – da.
„Die Folge davon ist eine weiter zunehmende Altersarmut bei Frauen“, ist Stefan
Königsberger sicher. Unternehmen und Politik müssten deshalb gleichermaßen
gegensteuern. „Statt Frauen nur für wenige Wochenstunden einzustellen, sollten
Firmen vollwertige Jobs schaffen – für Frauen und Männer“. Weniger zu arbeiten,
müsse eine individuelle Entscheidung sein und kein Zwang. Für Reinigungskräfte sei
Vollzeit mittlerweile fast eine Seltenheit, obwohl sich das viele Beschäftigte
wünschten.
Eine zentrale Voraussetzung für höhere Renten sei natürlich die gleiche Bezahlung
von Frauen und Männern, so der Gewerkschafter. Mittlerweile habe die Politik die
Bedeutung von „Equal Pay“ erkannt und ein Lohngerechtigkeitsgesetz auf den Weg
gebracht. Königsberger spricht von einem „Schritt in die richtige Richtung“, kritisiert
jedoch, dass Beschäftigte erst in Betrieben ab 200 Mitarbeitern einen
Auskunftsanspruch über die Bezahlung der Belegschaft haben. Damit greife das
geplante Gesetz nur in Teilen des Handwerks und der Reinigungsbranche.
Eine entscheidende Maßnahme wäre es, so die IG BAU, Phasen der
Erwerbslosigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuwerten. Königsberger:
„Zeiten der Schwangerschaft und Erziehung müssen endlich anerkannt werden –
zum Beispiel durch Extra-Rentenpunkte“.