NEUMARKT. Es war einmal ein Hosenbein – das klingt wie der Beginn eines Märchens, und märchenhaft ist auch, wie sich aus alten Dingen wunderschöne neue machen lassen. Wie das geht, zeigt mit verblüffenden Ideen der Thementisch im Monat Juni in der Stadtbibliothek Neumarkt, auf dem aber noch viel mehr zum umfassenden Thema Nachhaltigkeit zu finden ist.
Verblüffend schon der erste Titel „Es war einmal ein Hosenbein“, mit dem Textildesignerin Laura Sinikka Wilhelm und Lifestyle-Fotografin Marjo Koivumäki nordisch-frische Ergebnisse ihrer näherischen Umarbeiten präsentieren: Aus alten Herrenhemden, Röcken, Kleidern, Tisch- und Bettwäsche wurden hübsche Kinderkleider, Taschen, Wohnaccessoires oder Praktisches für Picknick und Garten, aus alten Wollsachen schicke Pullover, Jäckchen, Kissen und Taschen.
„Aus Alt mach Schön“ rät Sabine Bohlmann. Aus abgegriffenen Büchern, Tüten, Jeans, Dosen, Geschirr, Stühlen und Kleiderbügeln gestaltet sie neue Dinge wie eine Küchenuhr aus einem alten Teller, aus Jeans einen umhäkelten Stuhl, Geschenk-papier aus Buchseiten oder ein Dosentelefon für Kinder und Masken aus Papiertüten.
Mit „Schrott kreativ“ leitet Horst K. Wagner dazu an, Schrottplatz-Fundstücke wieder zu verwerten. Das beginnt mit Metallkunde, Arbeitstechniken und Werkzeugen und führt zu verblüffenden Endergebnissen: von einfachen Gegenständen wie Buchstützen und Eierbechern bis hin zu kompletten Kutschen oder Seifenkisten.
„Die Kultur der Reparatur“ liegt Wolfgang M. Heckl als Leiter des Deutschen Museums in München am Herzen. Er plädiert eindringlich für eine Abkehr von der Wegwerfgesellschaft und für die Schonung von Ressourcen. Kreativ die vorgeschlagenen Problemlösungen, hilfreich die Vermittlung mechanischen Grundlagenwissens, nützlich die Hinweise auf Leih- und Tauschbörsen, Reparaturwerkstätten und Repair Cafes.
In „Neues aus alten Büchern“ rückt Clare Youngs mit Skalpell und Schere zerlesenen Katalogen und Büchern zu Leibe. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen lassen daraus Alben, Grußkarten, Notizbücher, Papierschalen und –broschen, Rosendekos, Pop-up-Bücher und Spielzeug entstehen. Geschickt spielt die Kunsthandwerkerin dabei mit den Gilbtönen des Papiers, bunten Stempeldrucken, unterschiedlichen Schrift- und Buchstabenformen.
„Alles Paletti!“ von Claudia Guther stellt 22 Möbelstücke und Alltagsgegenstände vor, die mit etwas handwerklichem Geschick selbst für Anfänger aus alten Paletten und Weinkisten nachzubauen sind. Die Einrichtungsvorschläge verbreiten rauen Charme und sind für Flur, Loft oder Atelier ebenso geeignet wie für Balkon, Kindergarten oder Gartenfest. „Alles Paletten“ heißt es bei Chris Gleason, der Holzwerker zum Basteln von Bilderrahmen, Stühlen, Truhen, Rollpodesten, Raumteilern, Wandverkleidungen, Gartenbänken und Couchtisch-Variationen animiert.
„Remake Ikea“ ist keine Werbepostille des schwedischen Möbelkonzerns. Das Autorenteam um Rolf Ellnebrand hat sich vielmehr der Umwandlung oder Wieder-verwertung von Ikea-Produkten verschrieben. Durch Anstreichen, Umbauen, Aufpolstern entstehen pfiffig-stylische Möbel für Wohn- und Schlafzimmer, Eingang und Flur, Ess- und Kinderzimmer. Die gezeigten Beispiele stammen von professionellen Innenarchitekten, aber auch von Do-It-Yourself-Amateuren , womit sie auch handwerklich Ungeübten als Vorlage und Anregung dienen können.
„Murks? Nein Danke!“ sagt Stefan Schridde und wendet sich gegen Produkte mit absehbarer Haltbarkeit und minderer Qualität, die konstruktionsbedingt nicht zu reparieren sind oder deren Reparatur teurer als der Restwert ist. Er nennt Beispiele wie Elektro- und Haushaltsgeräte, Computer, Drucker, Handys, Kameras, Möbel und Schuhe. Schonungslos deckt er die Methoden der Hersteller auf und bietet Lösungen für die Kunden.
„Stadt, Land, Überfluss“ von Jörg Schindler stellt in spannenden Geschichten Hoffnungsträger vor, die sich erfolgreich gegen negative Trends unserer Konsum-, Lebens- und Arbeitsbedingungen stemmen, für die Lebensqualität und Ent-schleunigung wichtiger sind als die atemlose Hetze nach Profit. Ein Fußballverein, der sich nicht ausverkaufen lässt, ein Ex-Banker, der Suchtkranke betreut, eine Designerin, die ausgemustertes Gemüse verteilt – die Liste ist lang und regt zum Nachdenken an.
„Anständig leben“ steht auch für die Drehbuchautorin Sarah Schill im Vordergrund. In einem zeitlich befristeten Selbstversuch ernährt sie sich vegan, reduziert drastisch ihren Konsum und ihren Verbrauch an Plastik und freut sich trotz aller anfänglichen Zweifel über ihr nachhaltig geführtes Leben.
In dem großformatigen Text-Bild-Band „Fairtrade“ gibt Eric St.-Pierre seine positiven Eindrücke über die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinproduzenten in Afrika, Asien und Lateinamerika wider. Die Einbindung in „Fairtrade“, den alternativen Direkthandel zwischen diesen Miniproduzenten im Süden und den Hilfsorgani-sationen im Norden, hat ganz offenbar ihre Lebensverhältnisse verbessert.