NEUMARKT. Kann die Monster-Stromtrasse abgewendet werden ? Die Rother SPD-Keistagsfraktion tagte jetzt zusammen mit Neumarkter Genossen in Parsberg.
Die Gäste aus Mittelfranken und der stellvertretende Neumarkter Landrat, Berger Bürgermeister und Sprecher der SPD-Fraktion im Neumarkter Kreistag, Helmut Himmler, zeigten sich zuversichtlich hinsichtlich des weiteren Verlaufs des Entscheidungsprozesses über die neuen HGÜ-Leitungen in Bayern.
Hinter den Kulissen werde in Berlin schon längst die Kompromisslinie im gerade in den Landkreisen Roth und Neumarkt vehement abgelehnten Höchstspannungsleitungen abgesteckt. Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel habe in Nürnberg Elemente eines möglichen Kompromisses dargelegt mit Nutzung bereits bestehender Stromtrassen und Erdverkabelungen.
Im Gegensatz zur Bayerischen Staatsregierung mit dem „fahrlässigen Harakiri-Kurs“ in der Energiepolitik könne der für die Energiewirtschaft und damit für die zuverlässige Energieversorgung im gesamten Bundesgebiet zuständige Wirtschaftsminister eben nicht wie Ministerpräsident Seehofer "je nach Zuruf und Laune des Tages seine Position wechseln".
Den Menschen glauben zu machen, niedrige Strompreise, ein Verzicht auf Stromtrassen und Pumpspeicherwerke, der Ausstieg aus der Atomenergie sowie die faktische Exekution der Windkraft in Bayern durch die sog 10H-Abstandsregelung zur Wohnbebauung und darüber hinaus der Bau und die Subventionierung weiterer Gaskraftwerke in Bayern seien gleichzeitig möglich, hält die SPD für unredlich. Das sei weder seriös noch verantwortbar und den Menschen auch nicht vermittelbar.
Landrat Herbert Eckstein kritisierte massiv die "völlig konzeptionslose Energiewende in Bayern" und das "von Scheinheiligkeit geprägte" Agieren in der Stromtrassenproblematik. Die CSU-geführte Bayerische Staatsregierung habe 2013 sowohl die Süd-Ost-Passage wie auch den sog. Südlink befürwortet und sich im Bundesrat gegen Erdverkabelungen der Leitungstrassen ausgesprochen.
Bürgermeister Markus Mahl aus Hilpoltstein - zugleich stellvertretender Vorsitzender des Vereins gegen die Süd-Ost-Passage - nannte das große und beeindruckende Engagement der Bürgerinitiativen gerade in der Oberpfalz, in Schwaben und in Ober- und Mittelfranken entscheidend für die inzwischen eingetretene Kompromissbereitschaft in der Bundes- und Landespolitik. Herbert Eckstein äußerte den "naheliegenden" Verdacht, man wolle vielleicht ganz bewusst die dezentrale Energiewende "an die Wand fahren" um den erneuten Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg vorzubereiten.
Ein Unding sei zudem, die Investitionen in die neuen HGÜ-Leitungen mit neun Prozent zu verzinsen, denn das ziehe die Finanzwirtschaft geradezu magisch an - unabhängig von der Frage der Notwendigkeit der Gleichstromleitungen.
Helmut Himmler meinte, die SPD wolle bei der Energiepolitik generell, der Energiewende speziell sowie bei der Frage der Leitungsnetze stets verantwortungsbewusst im Sinne des Ganzen agieren. Die Notwendigkeit der Süd-Ost-Passage – die nach derzeitigem Sachstand durch die Landkreise Roth und Neumarkt führen würde – sei lediglich behauptet und nicht zweifelsfrei belegt. Man müsse den mächtigen Lobbyisten der Energie- und Finanzwirtschaft entgegentreten und auf eine für Bürger und Wirtschaft zumutbare Finanzierung der Strompreise achten.
Jedwede Subventionierung - zum Beispiel von Gaskraftwerken - müsse letztlich von den privaten Haushalten zusätzlich zum bereits sehr teuren Strom bezahlt werden, denn die Industrie werde zur Wahrung der tatsächlichen oder vermeintlichen Wettbewerbsfähigkeit immer günstige Stromtarife bekommen. Die Rechnung werde demzufolge immer den Bürgern präsentiert und ein stetig steigender Anteil der Haushalte könne bereits heute die Stromrechnungen nicht mehr bezahlen.
Die SPD-Kreistagsfraktion des Landkreises Roth tagte am Wochenende in Parsberg und Fraktionsvorsitzende Christine Rodarius hatte den Berger Bürgermeister eingeladen, um über die erfolgreiche Gestaltung der Energiewende im Landkreis Neumarkt zu berichten.
Der Landkreis Neumarkt verfüge nach Angaben Himmlers beim Stromverbrauch inzwischen bereits über einen Anteil von rund 80 Prozent aus "erneuerbarem Strom" und man sei auf gutem Weg in die bilanzielle Stromselbstversorgung aus der Region. In seiner Gemeinde Berg und in manch anderen Neumarkter Kommunen werde gemäß den Daten aus dem Energieatlas Bayern mehr EEG-Strom erzeugt als insgesamt vor Ort benötigt wird.
In Neumarkt sei seit den 1990er Jahren die Windkraft in insgesamt relativ gutem Konsens mit der Bevölkerung ausgebaut worden. Vor dem Hintergrund des Konfliktes um die Stromtrassen und der zunehmenden Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sei dieser Konsens aber inzwischen nicht mehr gegeben und der weitere Zubau von Windkraftanlagen werde mit den neuen Abstandsregelungen zunehmend schwieriger.
Derzeit seien nach Aussagen des SPD-Fraktionsvorsitzenden 47 Anlagen gebaut, 62 genehmigt und 63 weitere Anlagen im Genehmigungsverfahren. Zu Einsparung von Energie und dem konsequenten Ausbau der regenerativen und dezentralen Energiegewinnung in Verbindung mit dem Klimaschutz gebe es keine vernünftige Alternative und daher werde man diesen Weg konsequent weiter beschreiten müssen.