"Stille Helden" geehrt

Als "stille Helden" dürfen sie für einen Abend lang einmal im Rampenlicht stehen: Die Eheleute Käthe und Rudolf Wiedmann, Joachim Schmidt und Christa Erben. Dahinter FAN-Vorsitzende Vera Finn und Oberbürgermeister Thomas Thumann.
Fotos: Erich Zwick

Diese Herzlichkeit ist geradezu ansteckend: Oberbürgermeister
Thomas Thumann und seine Lebensgefährtin begrüßen alle
Gäste mit Handschlag. Und Bürgermeisterin Ruth Dorner nimmt
er gar in den Arm.

Einen Grad "gesetzter" war’s dann beim früheren Berufskollegen
Dr. Alois Kölbl.

"Kicker"-Chefredakteur Rainer Holzschuh trug sich ins Goldene
Buch der Stadt ein, obwohl er vorher gestanden hatte, dass er
das Schreiben verlernt hat. Er hat's trotzdem hingekriegt, was
sein befreites Lachen verrät.

Für das zwanglose Beisammensein im Foyer war der Tisch reich
gedeckt.
NEUMARKT. Wer beim Lesen der Einladung zum Neujahrsempfang der Stadt ins Grübeln kam, was wohl der Sport – in diesem Fall besonders der Fußball – mit der Kommunalpolitik zu tun hat, dem verhalf Oberbürgermeister Thomas Thumann in seiner Ansprache am Donnerstagabend zur Erleuchtung: "Wenn Erfolge zu verzeichnen sind, haben alle gewonnen. Wenn es aber kritisch wird oder gar schief geht, dann ist der Trainer und im Fall der Rathauspolitik der Oberbürgermeister schuld."
Damit war auch der Gast des Abends, Rainer Holzschuh, Chefredakteur des Sportmagazins "Kicker", erklärt, der in einem kurzweiligen Talk mit dem Stadtoberhaupt mit den Ablöse-Millionen im Bundesliga- und im internationalen Fußball nur so um sich warf, dass es den in den Reitstadel eingeladenen Hartz-4-Empfängern ganz schummerig vor den Augen wurde.
Acht von ihnen, die die heraufdämmernde Krise schon gar nicht mehr schrecken kann, weil sie sie schon jetzt durchleben, durften nämlich die als "stille Helden" ausgezeichneten Persönlichkeiten zum Empfang mitbringen.
Die "stillen Helden" waren es auch, die ebenfalls im Mittelpunkt der festlichen Veranstaltung standen, zu der zum zweiten Mal der Oberbürgermeister eingeladen hatte. Es sind dies in diesem Jahr die Eheleute Käthe und Rudolf Wiedmann, Joachim Schmidt und Christa Erben.
"Nach den Millionen im Fußball sprechen wir jetzt über die Nullrunde", fand Vera Finn die Klammer von der Mammonwelt des runden Leders zum Gotteslohn für die Ehrenamtlichen, die in Neumarkt zumindest eine "Anerkennungskultur" vorfinden, wie es Oberbürgermeister Thomas Thumann ausdrückte.
"Unser Leben in der Stadt ist gerade dadurch lebendig, sozial und reichhaltig, weil es viele Mitbürger gibt, die sich freiwillig in den Dienst einer oder gar mehrerer guter Sachen stellen, die sich mit dem Einsatz von oft viel Freizeit in Vereinen engagieren, die in privaten Initiativen, in der Seniorenarbeit oder in der Betreuung Jugendlicher oder Pflegebedürftiger tätig sind", hob er den Idealismus der "stillen Helden" hervor, die aus 72 Anwärtern ausgewählt wurden. Der Jury gehörten die Vorsitzende der Freiwilligen-Agentur, Vera Finn, Bürgermeisterin Ruth Dorner und der Vorsitzende des Landesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement, Dr. Thomas Röbke, an.
Die Eheleute Wiedmann engagierten sich von Anfang an – also seit 2004 – für den Leb-mit-Laden. Als Fahrer und Beifahrerin des Kühlwagens, der von ihnen auch "in Schuss" gehalten wird, sammeln sie die von den Geschäften kostenlos zur Verfügung gestellten Lebensmittel ein. "Sie sind Vorbilder und Motivation für andere", lobte sie der Oberbürgermeister.
"Man könnte meinen, Sie haben Ihr Leben dem Rettungshundezug Oberpfalz verschrieben", fuhr das Stadtoberhaupt in seiner Laudatio fort, deren zweiter Abschnitt Joachim Schmidt, dem Gründer der segensreichen Einrichtung mit Sitz in Neumarkt, galt. "In Ihrer Funktion als 1. Vorsitzender des jungen Vereins haben sie in nur kurzer Zeit eine großartige Rettungssäule in unserer Region geschaffen und einsatzbereit gemacht."
Die dritte Auszeichnung galt der Gründerin der Selbsthilfegruppe "Elternkreis drogengefährdeter und drogenabhängiger Jugendlicher". Christa Erben hatte sie vor zehn Jahren ins Leben gerufen und damit auf die Tatsache reagiert, dass junge Menschen immer öfter mit Suchtmitteln in Berührung kommen. Betroffene und Interessenten treffen sich einmal im Monat im "Haus der Selbsthilfegruppen" in Pölling, um sich Rat zu holen.
Die "stillen Helden" sollen als Vorbild dienen und andere zum Nacheifern ermuntern. So rief Thomas Thumann allen Neumarktern in seiner Neujahrsbotschaft zu, sich auf die eigenen Fähigkeiten und Stärken zu konzentrieren, so wie es in der Vergangenheit Leitlinie gewesen sei.
Wichtige Entscheidungs- und Handlungsgrundlagen erhofft sich das Stadtoberhaupt vom Energienutzungsplan und dem Klimaschutzfahrplan. Weiterhin werde am bayerischen Modellprojekt "nachhaltige Bürgerkommune" mitgewirkt und die Arbeit im Qualitätszirkel zum Klimaschutz nutzen, um für Neumarkt entsprechende Verhaltenweisen zu entwickeln.
"Klimaforum", eine weitere Nachhaltigkeitskonferenz und ein Koordinationsnetzwerk Klimawandel mit Sitz in Neumarkt soll den Standort Neumarkt noch einmal kräftig aufwerten. "Dies sind für mich die Kernthemen für eine Kommune: die Frage der Zukunftsfähigkeit, Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit", gab Thomas Thumann als Devise für 2009 aus. Neumarkt sei da in jeder Hinsicht auf einem guten Weg. Als Beispiel nannte der OB die Herabsetzung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 315 Prozent, womit Neumarkt unter den 28 Großen Kreisstädten alleiniger Spitzenreiter ist, wobei "Spitzenreiter" für das "sensationell niedrige Niveau" gerade verkehrt gedeutet werden könnte.
Bei den im drittgrößten Haushalt der Stadtgeschichte aufgelisteten Investitionen von über 48 Millionen darf natürlich der "Dauerbrenner" eines Jahrzehnts nicht fehlen. Beim Thema "Unteres Tor" soll 2009 "schon bald Klarheit verschafft werden, was dort geschieht und wie es weiter gehen soll."
Trotz aller Hiobsbotschaften wegen einer drohenden Finanz- und Wirtschaftskrise bleibt Neumarkts Oberbürgermeister Optimist: "Ich denke aber auf alle Fälle, dass wir als Stadt Neumarkt nicht schwarz in die Zukunft sehen sollten oder sogar müssten. Mit unserer sehr soliden finanziellen Basis und einer immer vernünftig agierenden Stadtpolitik können wir zuversichtlich an die Herausforderungen der Zukunft und an das neue Jahr herangehen."
Erich Zwick
09.01.09
Neumarkt: "Stille Helden" geehrt