"Preiseinbruch bei Getreide"

NEUMARKT. "Die Preise, die den Bauern im Landkreis Neumarkt derzeit für Getreide gezahlt werden, decken nicht einmal die Kosten für Saatgut, Dünger, Diesel und die aktuelle Ernte", erklärt BBV-Kreisobmann Martin Schmid.

Die Erzeugerpreise für Weizen, Roggen und Gerste seien im Vergleich zum Vorjahr um 35 bis 45 Prozent gefallen. Dabei spiele die Finanzmarktkrise sowie das zurückhaltende Kaufverhalten des Handels und der Verarbeiter eine nicht unerhebliche Rolle. Auch Wettbewerbsverzerrungen wie zum Beispiel die in Deutschland vergleichsweise hohen Dieselkosten würden zu Buche schlagen, erklärt Schmid.

"Zwar liegen die Getreidepreise noch über dem Niveau des Jahres 2006, jedoch haben uns inzwischen die Produktionskosten regelrecht überrollt. Mancher Mineraldünger kostet bis zu 300 Prozent mehr als in früheren Jahren," verdeutlicht auch der stellvertretende Kreisobmann Michael Gruber. Besonders dramatisch sei die Preisentwicklung bei Körnermais. Seien im vergangenen Jahr noch 215 Euro je Tonne gezahlt worden, erhalte ein Maisbauer jetzt nur etwa die Hälfte. "Bei Düngerkosten von 4 Euro je Dezitonne Mais und enorm gestiegenen Trocknungskosten bleiben nicht einmal 5 Euro für Ernte, Transport und Arbeit. Maisbauern arbeiten derzeit praktisch umsonst", lautet Grubers ernüchterndes Fazit. In diesem Jahr seien im Landkreis Neumarkt insgesamt auf 23.606 Hektar Getreide und auf 6.110 Hektar Mais angebaut worden.

Durch die guten Ernten in Europa und auf der ganzen Welt, bedingt durch ausgesetzte Flächenstilllegung bzw. durch gute Wachstumsbedingungen in Ländern, die in den letzten Jahren Missernten eingefahren haben, sei ein mengenbedingter Preisdruck entstanden.

Ein weiterer wichtiger Grund für den massiven Preisverfall sei die Finanzmarktkrise. "An den Warenterminbörsen ziehen Anleger ihr Geld aus Agrarrohstoffen wie Getreide ab", verdeutlicht Schmid. Hinzu komme die Angst vor einer weltweiten Rezession infolge der Finanzmarktkrise und eines damit einhergehenden Nachlassens der Nachfrage. "Das sorgt noch zusätzlich für sinkende Kurse für Getreide an den internationalen Warenterminbörsen", erläutert Kreisobmann Schmid.

Das Ausmaß des Preisrückganges sei jedoch überzogen und unverständlich. Die Lagerbestände seien weltweit nach wie vor gering. Bei Mais sei die Versorgungslage sogar angespannter denn je. "Die Weltbevölkerung sowie der Konsum wachsen kontinuierlich weiter", erklärt Kreisbäuerin Stilla Klein. Es liege auf der Hand, dass die aktuelle Entwicklung an den Getreidemärkten vor allem ein marktpsychologisches und weniger ein Problem wirtschaftlicher Basisdaten sei. Diese jedenfalls seien für die Landwirtschaft unverändert positiv.

Schmid rät den Getreideerzeugern im Landkreis, den Markt aufmerksam zu beobachten und günstige Verkaufsgelegenheiten zu nutzen. "Unsere Marktaussichten sind zwar momentan angespannt, mittel- und langfristig jedoch gut. In Zukunft werden wir uns jedoch noch weit häufiger als bisher auf stärker schwankende Preise einstellen müssen", sagt Schmid. Aufgrund der geänderten Marktsituation, sei die Wiedereinführung einer obligatorischen Flächenstillegung zwingend erforderlich.

Um im Wettbewerb mit den Berufskollegen in Europa bestehen zu können, fordert Klein außerdem faire Rahmenbedingungen. "Wir bezahlen über 40 Cent Steuer je Liter Agrardiesel. Unsere Kollegen in Frankreich und Österreich nur 5,5 bzw. 9,8 Cent je Liter", sagte sie. Zudem wolle die EU die Zulassung von zwei Dritteln aller Pflanzenschutzmittel verbieten. "Dies würde unsere Produktion noch mehr verteuern", so Stilla Klein.
23.10.08
Neumarkt: "Preiseinbruch bei Getreide"
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