Wieder ein Jubiläum

Die Herzwirtsgasse vor 1945
NEUMARKT "Was, schon wieder ein evangelisches Jubiläum?", wird sich mancher fragen. "Die evangelische Kirchengemeinde hat doch erst vor zwei Jahren ein 150jähriges Jubiläum gefeiert."
Trotzdem es ist so! Zwar hatten die Evangelischen in Neumarkt seit 1855 einen eigenen Gottesdienstraum, den Mittelteil der ehemaligen Kapuzinerklosterkirche, aber keinen eigenen Pfarrer. Zuständig für sie war damals der Pfarrer von Sulzbürg.
Unter dem 21. Juni 1855 wurde die Bitte um Genehmigung zur Errichtung eines ständigen Vikariats mit Schule eingereicht. Am 4. März 1857 wurde dieser Wunsch erfüllt. Der Vikar sollte jedoch Pfarrer und Lehrer in einer Person sein. Dem damaligen Privat-Vikar Gustav Steinlein aus Vohenstrauß wurde diese Stelle übertragen. Am 10. Mai 1857 wurde er im Gottesdienst durch Dekan Schaupert in sein Amt eingeführt. Dieses Datum ist also der Geburtstag unserer Gemeinde, genannt "Königlich-bayerisches Pfarrvikariat Neumarkt".
Als Pfarrhaus diente das in der Herzwirtsgasse gelegene vormalige Pankofersche Haus Nr. 157, das um 2600 Gulden angekauft wurde (exisitiert heute nicht mehr). Im unteren Stockwerk wurde ein Zimmer für die Schule eingerichtet. Der Vikar hatte täglich vier Schulstunden zu halten. Die Werktagsschule zählte drei Knaben und neun Mädchen, die Feiertagsschule einen Knaben und zwei Mädchen. Über zwei Jahre versah Steinlein sein Doppelamt. Eine gewaltige Leistung, wenn man bedenkt, dass alles im Werden begriffen war, die finanzielle Grundlage fehlte und ihn das Wachsen der Gemeinde vor neue Aufgaben stellte. Vikar Steinlein blieb bis November 1861 in Neumarkt, war anschießend Pfarrer in Löpsingen und in Burgbernheim, wo er 1910 starb.
1858 betrug die Zahl der Gemeindemitglieder in Neumarkt 203, von denen 106 dem Militär und 17 den Familien der Soldaten angehörten, 80 zählten zum "Civilstande". Es gab neun rein protestantische und 17 gemischte Familien.
Gefeiert wurde das 50jährige Bestehen der Gemeinde am 12. und 13. Oktober 1907. Die Festpredigt hielt Pfarrer Heinrich Pöhlmann aus Küps. Bei der Festversammlung im Rathaussaal sprachen der königliche Remontedepotsekretär Pächtner, Bezirksamtmann Jolas, Hofrat und rechtskundiger Bürgermeister Weißenfeld, Dekan Stammberger und Konsistorialrat Schmetzer aus Ansbach.
Die Festpredigt beim 75jährigen Jubiläum am 30. Oktober 1932 hielt Studienprofessor Dr. Weber aus Regensburg. Beim Festakt im Lammsbräusaal in der Weinberger Straße sprachen u.a. der 1. Vorstand des Evangelischen Vereins Neumarkt und Umgebung Steuerinspektor a.D. Meister, Oberkirchenrat Burger aus München, Pfarrer und Senior Schmidt aus Pyrbaum, Dekan Köberlin aus Regensburg, Bürgermeister Rössert, Geistlicher Rat Mittenhuber und der Vertreter der Israelitischen Gemeinde Oberlehrer a.D. Nussbaum. Den Festvortrag im Rathaussaal hielt Dekan Dr. Theodor Stark.
Am Reformationsfest, 3. November 1957, beging die Gemeinde das Jubiläum "100 Jahre evangelische Gemeinde und 80 Jahre evangelische Schule" mit einem Festgottesdienst, bei dem Oberkirchenrat Koller aus Regensburg predigte. Bei der Feier am Nachmittag im Turnerheimsaal sprach Dekan Kirchenrat Karl Krodel.
Die letzte große Feier fand im Rahmen eines Gemeindenachmittages anlässlich des 120jährigen Bestehens der Gemeinde am 1. Oktober 1977 im Kolpingsaal (heute Stadtmuseum) statt. Den Festvortrag hielt Rektor a.D. Richard Sperber, der aus diesem Anlass auch eine Chronik verfasste. Kinder-, Kirchen-, Posaunenchor und die Flötengruppen musizierten, Mitglieder des Seniorenclubs führten ein Sketch auf. Grußworte sprachen Dekan Hirschbeck, Geistlicher Rat Heigl, Oberbürgermeister Romstöck, Landrat Bauer und Oberlehrerin Christa Gebhardt.
Ernst Damm
26.10.07
Neumarkt: Wieder ein Jubiläum