Rente der toten Mutter kassiert


Der Angeklagte Franz V. (Gesicht verfremdet) mit seinem Vertei-
diger, Rechtsanwalt Dr. Alois Kölbl.
Foto: Erich Zwick
NEUMARKT. Fast drei Jahrzehnte lang, genau 28 Jahre, strich der Rentner Franz V. (Name geändert) die Altersbezüge seiner Mutter Maria ein, die am 13. Januar 1978 im Alter von 59 Jahren verstarb. In dieser Zeit hat der Sohn - jetzt 66 - unrechtmäßig rund 80.000 Euro Altersruhegeld bezogen und ausgegeben.

Am Montag stand er wegen Betrugs vor dem Neumarkter Schöffengericht unter Vorsitzendem Richter Rainer Würth, der die Tat mit milden 20 Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung ahndete.

Vermutlich hätte der Rentenversicherungsträger bis zum Tod des Angeklagten die Rente für dessen Mutter Monat für Monat überwiesen, hätte nicht dem gelernten Müller das Gewissen geplagt und das Gerichtsverfahren von sich aus in Gang gebracht.

Er sei in die Sache "so hereingeschlittert", entschuldigte sich der ergraute Angeklagte, der mit einer eigenen Rente von tausend Euro monatlich auskommen muss. Beim Tod seiner Mutter, mit der er nach seiner Scheidung zwei Söhne - jetzt 42 und 37 - groß zog, hätte er die Urkundenmappe der Verstorbenen dem Bestatter übergeben, "der alles regeln" sollte, wie es die Mutter bestimmt hatte.

Der Bestatter dachte an alles, nur nicht an die Rentenversicherung. Und so wunderte sich der Sohn, dass die Bezüge weiterhin auf das Konto bei der Sparkasse gutgeschrieben wurden. "Zwei Monate lang dachte ich, das geht in Ordnung", führte er zu seiner Entschuldigung an. Dass es aber dann über Jahre "automatisiert" so weiter lief, störte ihn später nicht mehr, weil "dieser Automatismus von ihm nicht in Gang gesetzt wurde", führte sein Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Alois Kölbl, zur Entlastung des Angeklagten an.

"In Ihrem Alter hätten Sie's doch so weiter laufen lassen können", wunderte sich Richter Rainer Würth. Dass er's nicht tat, sondern im Jahre 2006 das Konto der Mutter auflöste und damit dem Geldfluss von sich aus ein Ende bereitete, ersparte ihm eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, die Staatsanwalt Dr. Gerrit Stadler gefordert hatte.

Verteidiger Dr. Alois Kölbl punktete damit, dass sein Mandant "nichts getan", sondern nur "etwas unterlassen" und damit "Möglichkeiten ausgenutzt" hat. Der Schaden zu Lasten der Solidargemeinschaft, in D-Mark und Euro zusammen rund 80.000 Euro, sei ohne sein aktives Zutun entstanden, deshalb sei eine Freiheitsstrafe auf Bewährung angemessen.

Dem entsprach das Gericht mit einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung. Außerdem muss der Angeklagte 1.500 Euro in Raten zu monatlich 75 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen und die Kosten des Verfahrens tragen.
Erich Zwick
23.07.07
Neumarkt: Rente der toten Mutter kassiert
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