„Klarheit und Perspektive“ nötig

Das Handwerk spricht von bürokratischen und komplizierten Corona-Hilfen für den Mittelstand
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NEUMARKT. Die mit der Einführung der Corona-Hilfen gemachten Versprechen werden nach Meinung des Handwerks „definitiv nicht erfüllt“.
"Weder sind die Hilfen unbürokratisch, noch können sie schnell beantragt werden", sagte Handwerkskammer-Präsident Georg Haber. Viele Unternehmen würden auf eine Beantragung aus Angst verzichten, am Ende wegen Betrugs Ärger zu bekommen".
Die Handwerkskammer fühlt sich als Sprecher von 40.000 Unternehmen in der Region mit mehr als 200.000 Beschäftigten. Nach vielen Gesprächen mit kleinen und mittleren Betrieben habe sich gezeigt, daß die Handwerksbetriebe unbedingt Klarheit und Perspektive bräuchten. "So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben", sagte Haber.
Gerade in der jetzigen Situation verschlechtere sich die Lage für Betriebe zusehends: "Im ersten Lockdown konnte das Handwerk noch von seinen Reserven zehren, doch diese sind nun aufgebraucht und mit jedem Tag rückt für viele ostbayerische Handwerksbetriebe der finanzielle Kollaps näher". Das liege vor allem auch daran, dass die vom Staat versprochenen Unterstützungsangebote nicht in den Unternehmen ankommen. "Das zerstört die Hoffnungen vieler Betriebsinhaber und stellt ganze Existenzen in Frage", sagte Haber.
Von „Bürokratie-Wahnsinn, umständlicher Beantragung und langen Wartezeiten“ sprach auch Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger. Die regulären Auszahlungen der Novemberhilfe hätten erst am 12. Januar begonnen, also fast zweieinhalb Monate nach den ersten Schließungen. So eine lange Zeit könnten gerade kleinere Betriebe aber praktisch nicht mehr abfedern.
"Die Regelwerke der Hilfen wurden nach und nach angepasst, Einschränkungen wurden heimlich still und leise, teilweise nachträglich, eingebaut, Erweiterungen öffentlichkeitswirksam verkündet", sagte Kilger. Mittlerweile seien die Hilfen aber so „kompliziert gestrickt“, dass selbst Fachleute wie Steuerberater oftmals ratlos wären. Sogar Soloselbstständige seien wegen der komplizierten Regeln mittlerweile auf den Rat eines Steuerberaters angewiesen, obwohl sie eigentlich keinen bräuchten.
Groß ist der Ärger laut Kammer in den Unternehmen auch über die jüngste Wendung der Politik: Danach würden lediglich "ungedeckte Fixkosten" ersetzt. "Das klingt zwar auf den ersten Blick annehmbar", so Jürgen Kilger. Es sei tatsächlich aber eine erhebliche Einschränkung: "Hat der Betrieb beispielsweise im Frühjahr Hilfen erhalten, werden diese als Einnahme angerechnet. Wird dadurch im Gesamtjahr ein Gewinn erwirtschaftet, gibt es keine Hilfen mehr, der Betrieb geht leer aus."
Außerdem sei die korrekte Berechnung des Hilfsanspruches selbst für Experten extrem kompliziert und Fehler in der Antragstellung damit vorprogrammiert. Falsche Angaben, auch wenn sie nicht absichtlich gemacht werden, würden aber grundsätzlich auch Subventionsbetrug bedeuten.
Mittlerweile nähmen erste Betriebe sogar Abstand von einer Beantragung: „Aus Angst, am Ende wegen Betrugs Ärger zu bekommen“, sagte Kilger. Man fordere von der Politik schnellere Auszahlung, einfachere Berechnung und vor allem keine rückwirkenden Änderungen.
18.01.21
Neumarkt: „Klarheit und Perspektive“ nötig