NEUMARKT. Die Erfolgsgeschichte bayerischer Weißstörche geht weiter - doch im Landkreis Neumarkt haben die Tiere ein rabenschwarzes Jahr.
Bayernweit markieren über 360 Paare einen erneuten Bestandsrekord. Im weiten Umkreis um Neumarkt gab es aber kein Jungrier, das überlebte.
Nicht nur der Landkreis Neumarkt, sondern ein riesiges Viereck mit den Eckpunkten Nürnberg - Amberg - Regensburg - Ingolstadt ist in Bayern nahezu Storch-frei - obwohl aus dem übrigen Bayern Super-Zahlen gemeldet werden.
Im Landkreis gibt es seit Jahren nur mehr zwei Horste in Berching und Freystadt: in Berching blieb das Nest leer, in Freystadt kamen im März und April zwar zwei Störche an und begannen mit der Brutpflege. Am 29. Mai schlüpften tatsächlich drei Junge, doch im Juni starben alle Jungtiere.
Die Storchen-Experten des Landesbundes für Vogelschutz, Oda Wieding, sagte im Gespräch mit neumarktonline, daß wohl der viele Regen in den ersten Juni-Wochen den Tod der Jungtiere verursacht hat.
Das der Großraum Neumarkt kein Storchen-Paradies ist, weiß man bei den Vogelschützern allerdings schon lange. Das ist übrigens kaum von Menschen verursacht, sondern liegt schlicht an der Topografie der Landschaft: die geologischen Strukturen mit rleativ viel Kalk sorgten für tiefe Flußbetten und enge Täler - kein Traumziel für Störche, die aus der Luft nach einem Nistplatz suchen.
Auf der ständig aktualisierten Storchenkarte der Vogelschützer kann man sich über die Situation bayernweit informieren. Hier ist auch deutlich der fast "Weiße Fleck" rund um Neumarkt zu erkennen.
Trotz der Storchen-Pleite im Landkreis Neumarkt freut sich Oda Wieding zum Ende des Storchenjahrs über 360 Weißstorchpaare, die sich 2014 im Freistaat angesiedelt haben – ein historischer Rekord. Der Nachwuchs der bayerischen Weißstörche ist nun flügge und muss die ersten Gefahren meistern. Bei anfänglichen Flugübungen und durch die Kollision mit Strommasten sind deshalb bereits einige Verluste zu beklagen.
Während die letzten bayerischen Jungstörche gerade flügge werden, haben sich schon viele der 2014 in Bayern aufgewachsenen Weißstörche zu kleineren Zugtrupps zusammengeschlossen. Nur wenige Tage nach dem flügge-werden löst sich bei Störchen der Familienverband zunehmend auf. „Wenn die Jungen gelernt haben, auch mit Windböen umzugehen und selbstständig Futter zu suchen, machen sie sich oft schon vor ihren Eltern auf die Reise und lassen sich dabei von vorbeiziehenden Störchen mitreißen“, weiß Oda Wieding. Der Zugtrieb Richtung Süden ist ihnen angeboren. „Die genaue Reiseroute schauen sich die Jungstörche beim ersten Flug nach Afrika von erfahreneren Mitfliegern ab“, erklärt Wieding.
Allerdings müssen sich die jungen Störche auf ihrer ersten große Reise vor ungesicherten Strommasten hüten, an denen dieses Jahr bereits einzelne Vögel verunglückt sind, so zumBeispiel in Herrnwahlthann (Niederbayern). Auch auf dem weiteren Weg ins Winterquartier stellen Kläranlagen, Wassertürme, Müllplätze, Windräder und Straßen tödliche Fallen für die Zugvögel dar. „Wir hoffen, dass die Jungstörche die Gefahren überwinden und viele fit genug sind, in zwei bis drei Jahren in die Nähe ihrer bayerischen Brutplätze zurückkehren“, so Oda Wieding.
An vielen bayerischen Standorten freut sich der LBV über einen guten Bruterfolg. „Da die Eisheiligen in diesem Jahr nicht so extrem ausfielen und das Frühjahr weitgehend warm und trocken war, konnten wir an acht Storchennestern sogar fünf flügge Junge beobachten“, berichtet die LBV-Storchenexpertin. Wenige witterungsbedingte Brutverluste wurden im Mai nur lokal in Teilen der Oberpfalz und Niederbayern gemeldet - darunter auch aus Freystadt, bedauerte Wieding.
Jetzt ist auch die letzte Gelegenheit für Storchenfreunde, noch Ringe von Altstörchen oder durchziehenden Störchen abzulesen und dem LBV zu melden. Diese Daten sind wichtig, um die Herkunft der Vögel und ihr Verhalten zu erforschen. So lassen sich Verhaltensveränderungen und Verschiebung der Zugwege dadurch erkennen.
In Bayern kümmern sich die LBV-Kreisgruppen zusammen mit über 300 Storchenhorstbetreuern um die Erfassung und Bestandsüberwachung der Störche. Darüber hinaus kümmern sie sich um die Pflege und Erhaltung der Nahrungswiesen und die Anbringung neuer Nisthilfen, wenn sich neue Storchenpaare einen ungeeigneten Nistplatz wie einen benutzten Kamin aussuchen.