Berchinger Firma lahmgelegt


In Berching wird unbefristet gestreikt
Foto: Gewerkschaft
NEUMARKT. Ein „Erzwingungsstreik“ der IG Metall hat am Dienstag in Berching die Arbeit bei der Firma Schabmüller praktisch vollständig lahmgelegt.

Die Beschäftigten wollen eine bessere Bezahlung nach Tarif erzwingen - das Unternehmen ist aus dem bayerischen Metallarbeitgeberverband ausgetreten und hat damit die Tarifbindung aufgegeben.

Ein „Erzwingungsstreik“ gilt als das schärfste Mittel des Streikrechts. Die IG Metall greift nach eigenen Angaben nur selten darauf zurück. Er ist die letzte Eskalationsstufe in einer Reihe von Maßnahmen, die den festgefahrenen Tarifkonflikt lösen sollten, hieß es am Dienstag.

Der Streik ist aus Sicht der Gewerkschaft „hocherfolgreich gestartet“. „So überwältigend die Zustimmung zum Streik ausgefallen ist – 97,62 Prozent unserer Mitglieder haben sich letzte Woche dafür entschieden, so machtvoll hat der Streik begonnen“, sagte Olga Redda, 2. Bevollmächtigte der IG Metall Regensburg und Verhandlungsführerin. Redda war schon vor Streikbeginn um 4 Uhr morgens vor Ort, um den Aufbau zu koordinieren und die Streikleitung zu besetzen. „Bisher hatten wir keine Konflikte mit dem Arbeitgeber, die den Streik betreffen. Es läuft alles reibungslos“ so Redda.

450 Mitarbeiter haben sich zu einer Kundgebung um 14 Uhr vor dem Tor versammelt, um gemeinsam deutlich zu machen, wofür sie streiken. „Die Stimmung ist kämpferisch, die Beschäftigten stehen felsenfest hinter ihrer Forderung und sind wild entschlossen, sie um jeden Preis durchzusetzen“, sagte 1. Bevollmächtigter Rico Irmischer.

Die Firma Schabmüller verweigere inzwischen seit 20 Jahren den Mitarbeitern ihren Tarifvertrag. Damit sei „jetzt Schluss“, hieß es. Die Mitarbeiter würden jetzt „ihren Tarifvertrag“ erkämpfen, „ihr gutes Recht für ihre gute Arbeit“. Der Bezirksleiter der IG Metall Bayern, Horst Ott, sagte auf der Kundgebung zu den Streikenden: „Wir wollen nicht streiken, aber wir haben auch keine Lust zu betteln. Die gesamte IG Metall steht hinter Euch“.

Im kompletten Tagesverlauf blieben die Streikposten besetzt, „Streikbrecher“ waren nicht zu sehen. Bis auf die Geschäftsleitung und einige mit der IG Metall vereinbarte Notdienst-Leistende gingen keine Mitarbeiter in den Betrieb. Anfahrende Lastautos wurden nicht be- oder entladen, sondern mussten unverrichteter Dinge weiterfahren.


„Hier hat sich in den letzten Jahren viel Frust aufgestaut“, sagte Christine Billmann, stellvertretender „Vertrauenskörper“-Leiterin von Schabmüller. Die Beschäftigten würden seit jeher zusammenhalten „wie eine Familie“. Doch gerade in den letzten Jahren, als die Differenz zum Flächentarifvertrag immer größer wurde, sei diese Stimmung im Betrieb immer öfter gekippt. „Die Menschen hier wollen endlich einen Tarifvertrag, endlich gerechte Bedingungen – und endlich wieder als Familie zusammenstehen“.

Wie lange der Streik andauern wird ist unklar, die IG Metall verwies wiederholt auf ihre Verhandlungsbereitschaft. „Wir wollen diesen Streik nicht, er wird uns vom Arbeitgeber aufgezwungen“, sagte Irmischer. Die „Verzögerungs- und Hinhaltetaktik“ der Geschäftsleitung verhindere eine schnelle Lösung am Verhandlungstisch.

Die Schabmüller GmbH, Teil der italienischen ZAPI-Group mit Sitz in der Nähe von Bologna, bietet elektrische Antriebslösungen für verschiedene Anwendungsgebiete wie Elektromotoren oder Generatoren. In Berching sind rund 500 Mitarbeiter beschäftigt, viele mit langen Betriebszugehörigkeiten.

Schabmüller orientiert sich seit langer Zeit an den Tarifabschlüssen, die in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vereinbart werden, geben diese aber nur zu 80 Prozent weiter. Daher beläuft sich die Differenz zwischen den Entgelten bei Schabmüller und der Metall- und Elektroindustrie mittlerweile auf 22 Prozent, hieß es von der Gewerkschaft.

Wirtschaftlich würde es der Schabmüller GmbH hervorragend gehen, sie verzeichne seit Jahren hohe Gewinne und erweitere ihren Marktanteil stetig. Forderungen nach einer Rückkehr in den Flächentarifvertrag sei der Arbeitgeber bisher ausgewichen.

Nachdem der Arbeitgeber sein letztes Angebot nicht nachgebessert hat, hat der IG Metall-Vorstand in Frankfurt bereits am 16. April dem Antrag auf Urabstimmung und unbefristeten Erzwingungsstreik zugestimmt. Nach der erfolgreichen Urabstimmung, in der sich 97,62 Prozent der Mitglieder für den unbefristeten Erzwingungsstreik ausgesprochen haben, wird der Betrieb seit Dienstag um 5 Uhr „dauerhaft bestreikt“.
23.04.24
Neumarkt: Berchinger Firma lahmgelegt
Telefon Redaktion


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