Kneipenbühne Oberweiling
"Jazz meets Klezmer"

Boris Gammer und Yankee Meier
NEUMARKT. Der israelische Star-Saxophonist Boris Gammer, der mit Musiklegenden wie Dizzy Gillespie, Chic Corea oder Ray Brown zusammen arbeitete, gastiert am Samstag in der Kneipenbühne Oberweiling.
Unter dem Titel "Jazz meets Klezmer" präsentiert der in Lettland geborene ehemalige Leiter der "Besten Jugendjazzband der Sowjetunion" (1966) zusammen mit Hans Yankee Meier (Gitarre) und Wolfgang Berger (Kontrabass) einen Stilmix aus Swing, Walzern und verjazzten Volksliedern.
Yankee Meier ist Dozent an der "music academy" in Regensburg
Der Leiter verschiedener Workshops
lernte bei Jim Hall und John Etheridge, hatte
Auftritte im Rundfunk mit "Bayou", "Guitars Unlimited" , Alberto Josipovic , Alfred McReary und Lilly Thornton. Er ist
musikalischer Leiter der Kabarett-Produktion "Let's do it - Night & Day", einer Cole Porter - Revue.
Wolfgang Berger ist gefragter Solist und Begleiter, etwa von James Brown Trompeter Lamar Perkins, dem amerikanischen Altsaxophonisten Allan Praskin und anderen. Er veröffentlichte CDs mit: "Characters", "Take Three", "Coq à quatre", spielte
Konzerte in verschiedenen Formationen in Deutschland, Österreich, Ungarn, Luxemburg, Tschechien, Israel und Frankreich.
30.09.09
"Offenbarung" in Oberweiling

Dan Reeder
NEUMARKT. Die Front der Oberweilinger Kneipenbühne steht voll mit skurrilen Instrumenten: man entdeckt ein bundloses Banjo aus Sperrholz und Aquarellpapier, eine Raviolidosen-Sitar, eine babyhellblaue Ukulele, eine auf die Schnelle zusammengezimmerte Testgitarre mit gekipptem Griffbrett - "Die klingt gar nicht einmal so schlecht", - eine zum Bass umfunktionierte Schrottgitarre: das Publikum kommt aus dem Staunen nicht heraus.
Und dann sitzt auf der Bühne ein scheinbar unscheinbarer Zauberer, der alle Musikgeräte, die man sieht, selbst gebaut hat, ein genialer Konstrukteur, der - vorwiegend aus Abfallprodukten - erstaunliche Klangkörper schafft. Damit nicht genug. Dan Reeder, so heißt das Allround-Genie, ist Kunstmaler, kann auf eine Gastprofessur an der Nürnberger Akademie zurückblicken, ist Kulturförderpreisträger der Stadt Nürnberg und Musiker, Poet, Interpret.
"The Haarbüschel", ein Berliner Blogger, bringt es ganz gut auf den Punkt: "(Dan Reeder) hat sich mit seinen einfachen, aber teilweise brüllend komischen Folksongs eine eigene, kleine Welt geschaffen, die zumindest ich nicht mehr verlassen möchte, wenn ich seine CDs einmal eingelegt habe... Aber die beste Nachricht ist: Er tritt endlich live auf!"
Es wird "The Haarbüschel" wahrscheinlich wurmen, dass er am vergangenen Samstag nicht in der Kneipenbühne hat sein können. Dass aber der Oberweilinger Auftritt die definitiv letzte musikalische Liveperformance des sympathischen Amerikaners gewesen ist, wird ihn wie ein Blitz treffen. Reeder mag nämlich eigentlich nicht öffentlich spielen, hat sich nur noch ein letztes Mal breit schlagen lassen von der einmaligen Atmosphäre in Oberweiling, will künftig lieber in seinem selbst gebauten Studio zu Hause seine Songs weiterspinnen und CDs veröffentlichen.
Dabei ist sein Kneipenbühnen-Auftritt eine Offenbarung. Mit leisen Tönen, eindringlich und zart, trifft der auf den ersten Eindruck introvertierte Mensch genau die Gefühlsmitte seines mucksmäuschenstillen Publikums - aber er hat es faustdick hinter den Ohren. Seine Lieder - eines wie das andere - gehen unter die Haut mit wunderschönen Melodien und ebenbürtigen Metaphern, sind gleichzeitig angefüllt mit melancholischem Humor, führen mit magischen Wiederholungen wie etwa: "I got all the fucking work I need" in temporäre, nur Sekunden andauernde, tranceartige Zustände. Dan Reeders Texte sind etwas für die Schlaueren unter uns (und da gibt es - die Besucherzahl zeigt es - nicht gerade viele).
"When I say
Vietnam, it sounds like
Coca Cola": Dan Reeder, dessen Lieder oft von seinen selbst gebauten Instrumenten diktiert werden, ist ein weiterer Protagonist der traurigen und wunderschönen Welt.
27.09.09
Dan Reeder in "Owei"

Dan Reeder
NEUMARKT. Am Samstag gibt es in der Kneipenbühne Songs mit wunderbar eingängigen Melodien und poetisch ironischen Texten zu hören, gesungen und gespielt mit überzeugender Musikalität von Dan Reeder.
Eigentlich ist Dan Reeder ja Maler, und das durchaus mit Erfolg. Bilder von ihm in internationalen Museen und eine Gastprofessur an der Kunstakademie in Nürnberg zeigen dies. Aber vor einigen Jahren hatte der Amerikaner, der seit über 20 Jahren mit Frau und drei Kindern in Deutschland lebt, eine bildnerische Schaffenskrise.
So wandte er sich der Musik zu, mit der ihm eigenen Kreativität und Vielseitigkeit, baute Instrumente, A- und E-Gitarren, Papier-Banjos, einen Dosen-Bass, Posaunen aus Pappe, Geigen mit Papierresonanz oder ein Schlagzeug aus Plastikeimern. Er komponierte, textete, spielte und sang und nahm alles auf, natürlich mit einer selbst konstruierten Anlage. Dann schickte er das Ergebnis zu John Prine in die USA.
Der mehrfache Grammy-Preisträger, in den Staaten eine Folk-Legende, war begeistert von Dans musikalischen Ergüssen und bot ihm sogleich an, die Songs auf seinem Label "Oh Boy" herauszubringen. Dort sind nun schon zwei CDs von Dan erschienen, ob ihrer musikalischen und textlichen Originalität von der Kritik hoch gelobt.
Mit John Prine war Dan Reeder (Jahrgang 1954) mittlerweile schon einige Male auf Tournee in den USA, Kanada, England und Irland. Und in seltenen Glücksfällen ist Dan als Interpret auch in deutschen Landen zu erleben. Er singt mit einer feinen ausdrucksstarken Stimme, die ein ganz unverwechselbares Timbre besitzt. Als "Songwriter" hat er ein außergewöhnliches Talent für beeindruckend eingängige, aber keinesfalls simple Melodien von Volksliedqualität, die sich bei ihm mit den Zeilen einer genau beobachtenden Alltags-Poesie verbinden. Seine Texte sind geprägt von jener sympathisch-subversiven Ironie, die auch für seine Bilder charakteristisch ist.
Neben seinen eigenen Stücken hat Dan noch ein Repertoire an Songs, die er als "Country-Gospel" bezeichnet. Sein Vater war in den USA als "Reverend" tätig, und Dan ist mit diesen Liedern aufgewachsen, die er in der ihm eigenen Weise einfühlsam interpretiert. Dan Reeder, ein gänzlich unprätentiöser Künstler von seltener Authentizität, schielt nicht nach dem, was gefällig ist, was "ankommt", sondern macht einfach, was ihm gefällt - und dabei lässt er uns manchmal zusehen und zuhören. Das ist eigentlich alles.
23.09.09
"Etwas richtig Gutes..."

Jon Strong
Foto: Heike Berghofer
NEUMARKT. Jim Croces "Don't mess around with Jim", Jackson Browns "Rosie", Lowell Georges "Willing" und die unglaublichen "Sailing Shoes"; Rod Stewarts "Mandolin Wind", "Rain" von den Beatles, Neil Youngs "Old Man": Jon Strong, ein Barde aus Nordengland, baute in sein Programm neben den ebenbürtigen Eigenkompositionen auch Juwelen aus der Popgeschichte ein und spielte sich am Samstag Abend für seine Kneipenbühnenfans auf hohem gitarristischem Niveau voller Gefühl die Seele aus dem Leib.
Sein Gesang, gleichzeitig glasklar und von intensiver Wärme auch in den höchsten Bereichen, wurde oft beschrieben als eine Mischung aus Clapton und Sting; nun ja, man muss nicht unbedingt eine Schublade bedienen, um zu sagen, dass etwas einfach schön ist.
Der gute Freund und musikalische Wegbegleiter des viel zu früh verstorbenen Gitarrengenies Christopher Jones beschwor dessen Geist in dem gut gefüllten Klassenzimmer. Jones hatte am 1. September 1984 (vor einem viertel Jahrhundert!) die Herzen des Publikums in der damals noch jungen Kneipenbühne bewegt - Jon Strong tat das mit exakt denselben Covers wieder. Seine Eigenkompositionen, oft auf der offen gestimmten Gitarre präsentiert, hatten es - wie gesagt - ebenfalls in sich, musikalisch wie textlich, denn Strong ist einer, der genau hinsieht.
Bei seinen Liebes- und Beziehungsliedern spürte man als Zuhörer kritische Distanz und tiefe Empfindsamkeit. Die politische Abteilung hingegen war ebenso witzig wie böse. Zu Zeiten des kalten Krieges ertönten probehalber die Sirenen und man wurde aufgefordert, innerhalb der verbleibenden vier Minuten (vor der Explosion einer Atombombe) noch etwas Sinnvolles zu tun: "Nun ja, man hätte sich ein Ei kochen können. Allerdings wäre keine Zeit mehr verblieben, um es zu verspeisen."
Mit abgeklärter Bitterkeit wies Jon Strong darauf hin, dass simple Windbeuteleien oft zu enormem Erfolg führen, zu Erfolg, der fassungsloses Kopfschütteln hervorrufen muss bei allen, die auch nur ein kleines bisschen von der Materie verstehen: als Beispiel führte er Cliff Richard an, den er offensichtlich "richtig gut leiden kann."
Wenn man es mit Jon Strongs Augen sieht, ist es in der Tat nicht zu verstehen, warum einer, der perfekt spielen und singen kann - und das auch noch mit gefühlvoller Intensität und unverwechselbaren klugen Texten, statt Stadthallen gerade einmal halbwegs ein Klassenzimmer füllt, während ein anderer, der zur Not drei bis fünf Akkorde zu schrubben in der Lage ist, bei jedem zweiten Ton falsch singt und nichts als armselige Texte zum Besten gibt, als eine Offenbarung gehandelt wird.
Nun ja, "It's a sad and a beautiful world." Traurig, weil ebenso schwachsinnig wie ungerecht - und wunderschön, weil es solche wie Jon Strong gibt: weil alle Kneipengäste mit dem Gefühl nach Hause gehen konnten, etwas richtig Gutes gehört zu haben.
20.09.09