neumarktonline Dokumentation
Offener Brief des Oberbürgermeisters
Liebe Neumarkterinnen und Neumarkter,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
nachdem ich seit einiger Zeit die Nachrichten und Veröffentlichungen des
Aktionsbündnisses und der Bürgerinitiative zum Thema „Ausbau der B299“ verfolge,
sehe ich mich veranlasst, einiges richtig zu stellen.
Zunächst noch einmal der wichtige Hinweis, dass die einzig und allein planende
Behörde das Staatliche Bauamt in Regensburg im Auftrag des Bundes ist.
Der Bund hat beschlossen, für den Abschnitt der B299 im Raum Neumarkt bis nach
Berching circa 102 Millionen € zur Ertüchtigung der Bundesstraße zur Verfügung zu
stellen. Diese Pläne wurden in den jeweiligen Gremien der betroffenen Kommunen
seit vielen Jahren vom Staatlichen Bauamt vorgestellt und einige dieser
Bauvorhaben wurden bereits umgesetzt, auch im Bereich der Stadt Neumarkt.
Das größte Einzelprojekt war dabei wohl die Umgehung der Gemeinde Mühlhausen,
wo auch auf vielfachen Wunsch der dortigen Bürger eine neue Umgehungsstraße
gebaut worden ist. Dort hatten sich seit Jahren die Bürger aufgrund der starken
Belastung innerorts mit mehr als 13 000 Fahrzeugbewegungen pro Tag massiv dafür
eingesetzt. Entstanden ist dabei eine komplett neue Straße mit dreistufigem Ausbau,
bei sicherlich großem Flächenverbrauch, der Abholzung eines Waldstückes sowie
diversen Brückenbauwerken und zahlreichen Eingriffen mehr.
Auch der Stadtrat der Stadt Neumarkt hat sich bereits mehrfach in der Vergangenheit
mit den im Stadtgebiet betroffenen Bauabschnitten beschäftigt und sich mit großer
Mehrheit jedes Mal dafür ausgesprochen. Das gemeindliche Einvernehmen wurde
jeweils erteilt. Nicht zuletzt auch deswegen, da die Umgehungsstraße bereits existiert
und an mehreren Punkten verbessert werden sollte.
Alleine in der Diskussion ist der Bauabschnitt zwischen Woffenbach und Stauf mit
einer vom Staatlichen Bauamt angegebene Länge von 3,1 km übriggeblieben,
während alle anderen Abschnitte ohne großes Aufhebens abgewickelt wurden.
Dies geschah vor allem mit einer ganzen Reihe an oftmals unbelegten und auch
nicht ganz seriösen Aussagen der Vertreter der Bürgerinitiativen hinsichtlich der
beabsichtigten Beschleunigung des Rings innerhalb dieses Bauabschnitts, die aktuell
zwischen 13 und 32 Sekunden Zeitvorteil variiert.
Diese Aussagen - egal in welcher Höhe der Zeitvorteil liegt - sind unlauter. Denn
jeder kann beurteilen, dass die Betrachtung der Beschleunigung natürlich nur in
einem längeren Streckenabschnitt Sinn macht und erst, wenn man alle
Verbesserungen zusammen nimmt die Beschleunigung an Bedeutung gewinnt.
Deshalb gibt es ja auch die Initiative des Bundes für den gesamten Ausbau von
Neumarkt bis nach Berching.
Die Forderung der Stadt Neumarkt nach einer Attraktivierung des Rings basiert auf
dem Gesamtverkehrsplan aus dem Jahre 2013, an dem wir die Bürger beteiligt
haben, den wir mit allen Fachstellen besprochen haben und den der Stadtrat mit
seinen Arbeitskreisen behandelt und letztlich mit sehr großer Mehrheit beschlossen
hat.
Ich erinnere in dem Zusammenhang nur daran, dass viele Straßen innerhalb des
Stadtgebietes mit weitaus mehr Fahrzeugbewegungen belegt sind wie die B299 in
diesem Abschnitt. Alleine die Amberger Straße im Übergang in die Dammstraße ist
mit über 25.000 Fahrzeugen pro Tag belastet, mit allen Auswirkungen auf die
Anwohner genauso. Ähnliches gilt für die großen Straßen wie die Regensburger oder
die Nürnberger Straße.
Das Ansinnen der Stadtverantwortlichen kann und muss es da sein, zumindest einen
Teil dieses Verkehrs, der nur durch Neumarkt fährt, weil es halt auch schneller geht,
aus der Stadt herauszubekommen. Und das soll durch einen attraktiveren Berliner
und Münchner Ring geschehen. Erinnern Sie sich an den Kreisverkehr Blomenhof,
die Überführung Beckenhofer Weg und die Maßnahmen bei Pölling und im Süden
der Stadt beim Autohaus Kölbl bzw. beim Aptivwerk (früheren Delphi-Süd) mit der B8
bzw. der Staatsstraße. Alle diese Maßnahmen sollten die Umgehung zugunsten der
Entlastung der Stadtbewohner flotter machen.
Eine Umgehung – wie auch in Mühlhausen – ist immer länger als die direkte
Verbindung durch die Kommune hindurch. Deshalb macht eine Umgehung nur dann
Sinn, wenn sie attraktiver gestaltet wird, was auch in diesem Fall das erklärte Ziel
des Staatlichen Bauamtes ist.
Was in den ganzen Diskussionen außer Acht gelassen wird und mich schon sehr
erstaunt, ist einer der vordergründigen Argumente für den Ausbau: nämlich die
Erhöhung der Verkehrssicherheit.
Komplett unter den Tisch fällt die Tatsache, dass sich an mehreren Punkten in
diesem Bauabschnitt zwischen Woffenbach und Stauf nicht nur viele Verkehrsunfälle
mit Blechschäden und Verletzten, sondern sich dort auch tödliche Unfälle wie zum
Beispiel an der Rittershofer Kreuzung oder im Streckenverlauf ereignet haben.
Ich erinnere nur daran, als vor wenigen Jahren ein Senior bei der Überquerung der
B299 zu Tode gekommen ist. Damals wurde von allen Veröffentlichungen und in
Leserbriefen gefordert, dass die Stadt Neumarkt hier etwas tun müsse.
Deshalb habe ich die Planungen des Staatlichen Bauamtes positiv gesehen, über die
ich als Vertreter der Stadt Neumarkt, wie alle anderen betroffenen Bürgermeister an
der Strecke informiert war. Die jetzige Lösung mit einer sicheren Überquerung von
Woffenbach nach Rittershof zur Entkoppelung der Kreuzung an der B299 ist nur eine
der wichtigen Maßnahmen, die natürlich nur dann kommt, wenn der sequentielle
Ausbau der B299 in diesem Streckenabschnitt realisiert wird.
Es wird in diesem Zusammenhang von denen, die den Ausbau ablehnen, immer
wieder vom Verkehr als das böse Monstrum und als Gegner der Menschen
gesprochen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
den Verkehr, den wir vorfinden, machen alle wir, jeder Einzelne von uns, ob als
Privatperson, als Arbeitnehmer, als Arbeitgeber, als Konsument oder auch als
Landwirt.
Wenn nun von manchen behauptet wird, dass der Verkehr in der Zukunft abnimmt,
kann ich nur auf das verweisen, was mir Herr Landrat Willibald Gailler vor kurzem
mitgeteilt hat. Im Corona Jahr 2020 habe es eine erhöhte Zahl an Neuzulassungen
von Fahrzeugen durch die Landkreisbürger gegeben. Es wurden sogar 3000
Fahrzeuge mehr als im Jahr 2019 angemeldet, also einem Jahr, in dem man von
Corona nichts wusste.
Diese Tatsache und alle Aussagen der Experten hierzu sprechen nicht dafür, dass
die Menschen bereit sind, auf Komfort und individuellen Verkehr in den nächsten
Jahren zu verzichten.
Eine weitere Behauptung ist die, dass der Flächenverbrauch innerhalb dieses
geplanten Bauabschnitts von knapp über 3 km Länge von einer zweispurigen zu
einer teilweise dreispurigen Fahrbahn unermesslich groß wäre. Das ist nicht richtig.
So sprach ein Vertreter der BI Woffenbach, Herr Greiner im ersten Gespräch mit mir
von zehn ha Flächenverbrauch, im nächsten Gespräch reduziert er dies auf 5 ha,
Aktuell sind wir bei 2,5 ha.
Solche Aussagen dann gegenüber Bürgern zu treffen und die Angaben als
verlässlich hinzustellen, verlässt für mich das Feld der Sachlichkeit.
Apropos Flächenverbrauch: Der im Falle einer südlichen Anbindung des Stadtteils
Stauf an die B299 betroffene Landwirt behauptet, dass er im Fall einer
Inanspruchnahme der Fläche durch den Staat seinen Biobetrieb aufgeben muss.
Nach Angaben des Staatlichen Bauamtes würde im Falle eines Baus dieser
südlichen Anbindung des Ortsteils Stauf an die B299 eine Inanspruchnahme von
0,36 Hektar Fläche des betroffenen Landwirts nach sich ziehen.
Ohne geprüft zu haben, ob es dementsprechend Ausgleichsflächen dafür geben
könnte, kann jeder für sich nachvollziehen, dass eine solche eher geringe Reduktion
der zu bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen nicht das Aus für einen
landwirtschaftlichen Betrieb bedeuten kann.
Übrigens haben mich schon etliche Stimmen aus der Bürgerschaft in Stauf erreicht,
die mich gebeten haben, Stauf hinsichtlich einer Anbindung doch nicht zu
„vergessen“.
Auch hier, genauso wie im Thema „Geschwindigkeitsbeschränkung der Staufer
Hauptstraße“, gibt es alleine in diesem Stadtteil erhebliche Meinungsunterschiede
insbesondere zu Verkehrsthemen, was es für die entscheidenden Stellen nicht
einfach macht, eine für alle Bürger zufriedenstellende Lösung zu finden.
Weiter mit Aussagen, mit denen weitere Unterstützer für die Ablehnung gesucht
werden: Beim letzten Treffen der ablehnenden Landwirte wurde von den Initiatoren
nunmehr sogar von einem vierspurigen Ausbau gesprochen, um die Ängste der
Landwirte und Bewohner, auch die des Stadtteils Holzheim, zu schüren.
In diesem Zusammenhang erinnere ich nur an die Maßnahme an der B299 auf Höhe
des Stadtteils Holzheim, als damals die Feldwege für die Landwirte gekappt worden
sind und wir die Beckenhofener Brücke mit der Zu- und Abfahrt zur B299 sowie die
anschließenden Flurwege geschaffen haben. Alles diente der besseren
Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen, der Verkehrssicherheit der
querenden Fahrzeugführer mit ihren landwirtschaftlichen Fahrzeugen und der
Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer an dieser Stelle.
Auch mein Nachbar, ein Vollerwerbslandwirt im Stadtteil Holzheim bestätigt, dass
dies eine große Verbesserung für die Bewirtschaftung und die Verkehrssicherheit der
Landwirte bei der Überquerung mit ihren schwerfälligen Maschinen über die B299
darstellt.
Von den Vertretern der BI Woffenbach wird auch behauptet, dass keiner der
Landwirte eine Überquerung der B299 zum Beispiel auf Höhe der Hochstraße über
die Bundesstraße zur Erhöhung ihrer Verkehrssicherheit benötigt. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass die Landwirte keine Verbindung über die stark befahrene B299 an
dieser Stelle wünschen. Dies ist zu klären.
Irritiert haben mich auch die Aussagen der Vertreter der jeweiligen Bürgerinitiativen,
die ganz klar formulieren, dass sie nur der Bauabschnitt interessiert, der sie selbst
betrifft. Dies bedeutete, dass z.B. die Vertreter der BI Stauf nicht gleichzeitig mit den
Vertretern der BI Woffenbach Gespräche mit den Stadtratsvertretern führen wollten.
In diesem Zusammenhang möchte ich schon auf die Tatsache hinweisen, dass ich
mit den Vertretern der Bürgerinitiativen bei bisher insgesamt drei Treffen Gespräche
von circa 7 Stunden Dauer geführt habe!
Aber dabei wird jedes Mal auch klar: Deren erklärter Wille ist die Verhinderung des
Ausbaus insgesamt oder im jeweiligen Abschnitt.
Als Oberbürgermeister habe ich jedoch die Beschlüsse des Stadtrates zu
akzeptieren und ich sehe es auch im Gesamtinteresse der Stadt Neumarkt, diesen
Bauabschnitt umzusetzen, verbunden jedoch mit der für mich sinnvollen Bitte an das
Staatliche Bauamt, die Anbindung an Stauf mit aufzunehmen und erneut
Lärmschutzmaßnahmen für die betroffenen Stadtteile zu prüfen.
Denn auch da bin ich bin sehr froh, dass meine Forderung beim Staatlichen Bauamt
Anklang fand, das Planfeststellungsverfahren erst dann zu beginnen, wenn die neue
Novelle des Bundesimissionsschutzgesetzes in Kraft getreten ist.
Dies hat für die Anwohner in den betroffenen Stadtteilen nämlich den Vorteil, dass
nun jeweils günstigere, weil niedrigere Lärmschwellenwerte bei der Berechnung
herangezogen werden und damit die Prüfung erfolgversprechender ist, ob
Lärmschutzmaßnahmen seitens des Bundes errichtet werden müssen.
Nach aktuellem Sachstand könnte dies eine Lärmschutzwand in Höhe des
Bahnübergangs zwischen Pölling und Woffenbach bis zum Beginn der Rittershofer
Kreuzung sein.
Deshalb wird die Forderung der Stadt sein, insbesondere bei dem geplanten Ausbau
als Grundlage und einer geforderten Anbindung des Stadtteils Stauf, dass alle
Fachstellen des Staatlichen Bauamtes mit den beauftragten Büros nochmals prüfen
sollen, inwieweit Lärmschutzmaßnahmen auch insbesondere beim Stadtteil Stauf
möglich sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Verständnis dafür, dass sich die
Bürgerinnen und Bürger zusammentun, um ihre Individualinteressen zu verfolgen.
Was ich als Oberbürgermeister jedenfalls nicht tolerieren kann ist, wenn die
Tatsachenlage verlassen wird und mit falschen Behauptungen die Ängste von
Bürgerinnen und Bürgern geschürt werden, um sie für ihre Belange zu gewinnen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die letzte Berichterstattung über die
„Bürgerinformation“ der Grünen durch Herrn MdB Schmitt und Frau Bayer verweisen.
Hier wurde ausgeführt, dass es nach dem Dafürhalten der Vortragenden keinen Sinn
mache, eine Petition an den Bayerischen Landtag zu schicken, nachdem dieser nicht
zuständig ist, sondern der Bund. Das ist richtig.
Umso mehr erstaunt dann die Forderung von Frau Bayer, ein Bürgerbegehren
innerhalb des Stadtgebiets anzustrengen zu wollen, das ja nur im Stadtgebiet von
Neumarkt stattfinden kann, obwohl man vorher mitteilt, dass auch die Stadt
Neumarkt nicht zuständig ist, sondern der Bund.
Diese Aussage wird verbunden, dass unabhängig von einer Erteilung des
gemeindlichen Einvernehmens seitens der Stadt auch dieser Bauabschnitt aufgrund
anderer Zuständigkeit wohl nicht mehr aufzuhalten sei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
alleine dieses Thema Ausbau der B299 auf einer Länge von 3,1 km verdeutlicht die
verschiedensten Haltungen der Bürger.
Ein Diskurs der Bürger/-innen zu allen Themen ist wichtig und richtig. Aber ich kann
nur nochmal an alle appellieren, das Feld der Sachlichkeit nicht zu verlassen, fair zu
diskutieren, die bürgerliche Gesellschaft nicht zu entzweien und vor allem auch
Entscheidungen insbesondere im Rahmen einer parlamentarischen Demokratie zu
akzeptieren.
Wenn man als Oberbürgermeister, der in diesem Fall als Vertreter der Stadt nicht
einmal zuständig ist, vom vielleicht betroffenen Landwirt aus Stauf als „kriminell“ in
den Medien bezeichnet wird, kann sich jeder Mensch selbst eine Meinung bilden, ob
hier nicht das Feld des sachlichen und fairen Umgangs verlassen wird zugunsten von
Eigeninteressen.
Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass ein Planfeststellungsverfahren erst noch
durchgeführt werden muss, das gerichtlich überprüfbar ist, was jedem freisteht.
Und bei all den Emotionen hinsichtlich dieses Themas bitte ich, nicht das Ganze aus
dem Blick zu verlieren, dass sich die Stadt und die Region Neumarkt hervorragend
weiterentwickelt haben und wir das Privileg besitzen, in einer Region mit
Spitzenwerten in jeglicher Hinsicht arbeiten und leben zu dürfen, gepaart mit der
schon fast sprichwörtlichen guten „Lebensqualität“.
In diesem Sinne, bleiben Sie gesund!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Thumann
Oberbürgermeister
15.April 2021