OB freut sich über "Neumarkter Büchl"

NEUMARKT. Einen Brief mit historisch wertvollem Inhalt hat Oberbürgermeister Alois Karl erhalten. Monika Stegerwald aus Schneeberg schickt darin dem Oberbürgermeister ein "Neumarkter Büchl" und Ansichtskarten von 1945. "Das sind interessante Dokumente unserer Stadtgeschichte, die wir schon mit Begeisterung aufnehmen", meinte Oberbürgermeister Karl bei der Übergabe der historischen Unterlagen an den Stadtarchivar Dr. Frank Präger. "Gerade durch die weitgehende Zerstörung Neumarkts im Zweiten Weltkrieg sind historische Überlieferungen Mangelware. Daher freut uns diese Schenkung besonders."

Die Unterlagen stammen aus dem Nachlass von Willi Stegerwald, dem Landrat im Landkreis Neumarkt von 1946 bis 1948. Sein Neffe wiederum ist der Gatte von Monika Stegerwald. Diese hatte die Unterlagen jetzt bei sich entdeckt und an Oberbürgermeister Karl geschickt. In einem persönlichen Schreiben hat Oberbürgermeister Karl für die überlassenen Dokumente gedankt und Monika Stegerwald nach Neumarkt eingeladen. Zugleich hat er das Interesse der Stadt an den von der Spenderin außerdem noch angesprochenen weiteren Unterlagen bekräftigt. In ihrem Besitz befindet sich noch ein Aquarell von Neumarkt und eine Gebietskarte von 1657.

Das "Neumarkter Büchl" ist eine geschichtliche Abhandlung über Neumarkt und seine nähere Umgebung. Es handelt sich dabei um das Exemplar, das der Buchdruckereibesitzer Josef Matthäus Boegl dem Neumarkter Landrat und Landtagsabgeordneten Wilhelm Stegerwald persönlich gewidmet hatte. Im Jahre 1948 - die meisten Bürger waren noch vollauf damit beschäftigt, die Kriegszerstörungen zu beseitigen und die Stadt wieder aufzubauen - richtete sich Boegls Blick bereits wieder auf die Historie der bedeutenden Oberpfälzer Stadt. In einer limitierten Ausgabe brachte er den historischen Abriss des Knabenschullehrers Thomas Giehl, der 1873 erstmals erschienen war, in einer limitierten Auflage erneut zum Druck. Wilhelm Stegerwalds Exemplar trägt die Nummer 141. Karl Ried schrieb darin ergänzende Kapitel zur Stadtgeschichte seit 1873 bis in die Nachkriegszeit sowie eine biographische Würdigung Giehls.

Thomas Giehl war am 1. Juni 1815 als erstes Kind des Schullehrers Leonhard Joseph Giehl und seiner Frau, der Lehrerstochter Margaretha Steinhauser, in Pavelsbach geboren worden. Nach dem frühen Verlust seiner Eltern besuchte er das Lehrerseminar in Eichstätt und kam 1837 als Schulgehilfe nach Nabburg. 1843 wurde er nach Neumarkt versetzt und kämpfte hier mit schwierigen Schulverhältnissen. Hilfreich in dieser Zeit wurde für ihn die Freundschaft mit dem Arzt und Gutsbesitzer in Woffenbach Dr. med. Johann Bernhard Willibald Schrauth, der 1840 über das Mineralbad und 1860 über Geschichte und Topographie von Neumarkt Veröffentlichungen herausgab. 1855 erkrankte Giehl schwer am Schleimfieber. Zehn Jahre unterrichtete er trotz Einschränkungen weiter, musste aber im Mai 1865 seine Berufstätigkeit beenden. Um seine geringe Pension aufzubessern, erwarb er in der Badallee (heute Mariahilfstrasse) ein Anwesen, das er in ein Kaffeehaus umwandelte. Der Besuch der Gartenwirtschaft mit Kegelbahn florierte zunächst, ging aber mit Eröffnung des Bahnhofes 1873 rasch zurück. Er sah sich daher genötigt, das Anwesen 1875 der Bierbrauerwitwe Kainz zu verkaufen. Giehl verließ Neumarkt, pachtete drei Jahre die Bahnhofsrestauration in Neukirchen, zog dann nach Amberg, wo er sich bis 1886 der Ausbildung seiner Söhne zu Lehrern widmete. Am 10. August 1886 kehrte er nach Neumarkt in die Kirchengasse zurück, wo er zwei Jahre später am 24. April verstarb.

Bereits als Lehrer hatte er zahllose Exkursionen mit seinen Schulklassen unternommen, bei denen er Mineralien und Versteinerungen sammelte. Die wertvolle Sammlung Giehls ging 1876 als Geschenk an die Neumarkter Realschule. 42 Münzen und drei Münzabgüsse aus Giehls Sammlung schenkte 1938 sein Sohn Oberlehrer Joseph Giehl dem Stadtmuseum Neumarkt. Auch hielt Thomas Giehl den Oberpfälzer Dialekt, Sprichwörter und die Melodien von Volksmusikstücken schriftlich fest. All diese Verdienste veranlassten den Stadtrat von Neumarkt, 1916 die Pflege seines Grabes auf Dauer zu übernehmen. Am 4. Dezember 1928 schließlich erhielt er zum dauerhaften Gedächtnis eine Straße gewidmet.

Das Stadtarchiv ist bemüht, seine Präsenzbibliothek durch Ankauf oder Schenkung stadtgeschichtlich relevanter Literatur zu ergänzen. So wurden z. B. in den vergangenen Jahren eine Reihe von Büchern über die in Neumarkt geborene Schauspielerin Käthe Dorsch, das Torschmied-Drama von Dr. Max Knitl und Unterrichtsbücher des Realschulrektors Georg Nikolaus Marschall erworben. Da der Wertverlust bei Büchern oft recht hoch ist, sollten Besitzer stadtgeschichtlich oder historisch interessanter Literatur erst im Stadtarchiv nachfragen, ob damit nicht vielleicht Lücken der dortigen Bibliothek geschlossen werden könnten.

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