Arzt als Dealer ?
Nürnberg (ots) - Das Fachkommissariat für Drogendelikte der
Nürnberger Kriminalpolizei ermittelt derzeit zusammen mit der
Staatsanwaltschaft Nürnberg gegen einen Arzt aus dem Nürnberger
Süden, der in dringendem Tatverdacht steht, dass er zumindest seit
Anfang 2005 bis heute das Beruhigungs- und Schlafmittel
Flunitrazepam an Drogenpatienten verschrieben hat, ohne dass er diese
medizinisch betreute oder untersuchte.
Trotzdem rechnete der
Tatverdächtige die vermeintlichen Behandlungen bei der für ihn
zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung ab.
Auf die Spur des 69-jährigen Arztes kamen die Fahnder Anfang des
Jahres durch Hinweise aus der Nürnberger Drogenszene, wo von einem
sogenannter "Flunidealer" die Rede war. Dort hatte sich schnell
herumgesprochen, dass man in der Praxis ohne nähere Untersuchung das
Medikament Flunitrazepam auf Rezept erhalten könne. Dieses
Arzneimittel fällt unter bestimmten Voraussetzungen unter das
Betäubungsmittelgesetz und wirkt bei drogenabhängigen Patienten in
Verbindung mit Drogen und Alkohol wie eine Art Ersatzdroge, verstärkt
somit die Abhängigkeit und birgt nicht kalkulierbare
Gesundheitsrisiken.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde deshalb beim zuständigen
Amtsgericht Nürnberg ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt und die
Praxis des Arztes Anfang Juli 2006 durchsucht. Dabei wurden rund 8000
Patientenakten sichergestellt. Bei der Durchsuchung war auch der
zuständige Staatsanwalt mit anwesend. Nachdem sich bereits an Ort und
Stelle der dringende Tatverdacht bestätigte, wurde der ebenfalls
anwesende Arzt noch in seiner Praxis festgenommen und durch den
Haftrichter Untersuchungshaft u.a. wegen Fluchtgefahr angeordnet. Die
Ermittlungen gegen den 69jährigen Arzt werden wegen des dringenden
Tatverdachtes des Betruges und des Verstoßes gegen das
Betäubungsmittelgesetz geführt.
Nach den bisherigen Feststellungen hat der Arzt etwa 380 sogenannte
"Flunipatienten" in einem Zeitraum von mindestens zwei Jahren monatlich
entsprechende Rezepte ohne die erforderliche Untersuchung
ausgestellt. Der dabei angerichtete Schaden zum Nachteil von
Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung wird auf eine
mindestens sechsstellige Summe geschätzt.
In einer ersten Vernehmung räumte der Tatverdächtige den Vorwurf
teilweise ein. Die Ermittlungen insbesondere die Auswertung der
umfangreichen Patientenakten dauern an.
20.07.06
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