Harte Arbeiten – wie hier mit dem Rüttler – sind für viele Bauarbeiter im Alter nicht mehr drin,
sagt die IG BAU
NEUMARKT. Wenn der Körper nicht mehr mitspielt: Von den 3480 Bauarbeitern im Landkreis Neumarkt sind gerade einmal 36 Beschäftigte zwischen 63 und 65 Jahre alt.
Ähnlich sieht es nach Angaben der Bau-Gewerkschaft bei den über 60-Jährigen aus: In dieser Altersgruppe zählt die Baubranche nur 169 Beschäftigte.
Für die IG BAU Oberpfalz sprechen die Zahlen eine
klare Sprache: „Nur die wenigsten Bauarbeiter halten körperlich bis zum Rentenalter
durch. Für sie gibt es heute nur ein Hop oder Top – entweder volles Arbeitsprogramm
oder raus aus dem Job. Das kann es aber nicht sein“, kritisiert Bezirkschef Stefan
Königsberger. Für Beschäftigte im Handwerk müsse es flexible Übergänge in die Rente
geben – ohne frühzeitig aus dem Betrieb auszuscheiden.
Die derzeit von der Bundesregierung geplante „Flexi-Rente“ sei dabei keine Lösung.
Der Gesetzentwurf konzentriere sich auf höhere Zuverdienst-Grenzen bei einer
Teilrente. Außerdem solle das Arbeiten über das Rentenalter hinaus einfacher werden.
Davon hätten aber die Beschäftigten auf dem Bau nichts, sagt Königsberger. Ab 55
oder 60 Jahren im alten Job voll weiterzuarbeiten, sei für die meisten von ihnen die
„reinste Utopie“.
Stattdessen plädiert die IG BAU für ein „Alters-Flexi“, das besonders Beschäftigten im
Handwerk zugutekäme. Das Modell sieht eine Art Kurzarbeitergeld im Alter vor, wenn
wegen Gesundheitsproblemen eine Kündigung droht. Stefan Königsberger: „Wer als
Maurer oder Straßenbauer irgendwann nicht mehr volle 40 Stunden schafft, der sollte
die Möglichkeit bekommen, zum Beispiel auch mit 15 Wochenstunden in der Firma zu
bleiben. Für die fehlenden 25 Stunden würde er von der Arbeitsagentur
Kurzarbeitergeld bekommen.“ Der Staat müsse hier die nötigen finanziellen Mittel
bereitstellen. Angesichts der guten Haushaltslage des Bundes gebe es dafür genug
Spielraum.
Das „Alters-Flexi“ soll nach dem Vorschlag der IG BAU bereits ab 58 Jahren greifen.
Damit bliebe den Beschäftigten der Gang zum Amt kurz vor der Rente erspart. Denn bei
der derzeitigen Regelung seien viele Bauarbeiter auf „Alters-Hartz-IV“ angewiesen –
„und das, obwohl sie Jahrzehnte hart geschuftet haben“, so Königsberger.
Für die Bauwirtschaft im Landkreis Neumarkt sei das frühe
Ausscheiden erfahrener Mitarbeiter zudem oft ein großer Verlust. „Mit flexiblen
Übergängen ist nicht nur den Bauleuten geholfen, sondern auch den Betrieben“, glaubt man bei der Gewerkschaft. So könnten ältere Beschäftigte ihr Fachwissen
an den Nachwuchs weitergeben.
Darüber hinaus setzt sich die IG BAU zusammen mit dem DGB für eine Stärkung der
gesetzlichen Rente ein. Vor der nächsten Bundestagswahl komme es darauf an, einen
„Kurswechsel“ in der Rentenpolitik herbeizuführen, fordert der Gewerkschafter:
„Altersarmut dürfen wir uns nicht erlauben. In den Handwerksberufen heißt das, eine
faire Regelung für die zu finden, die körperlich nicht mehr können.“
Dabei solle sich die Politik ruhig am vielzitierten Dachdecker orientieren, sagt
Königsberger. Von den rund 350 Dachdeckern im Landkreis Neumarkt blieb zuletzt kein einziger über das 63. Lebensjahr hinaus im Job.