„Noch überdurchschnittlich gut“


In der Bau-Branche ist alles im Lot

NEUMARKT. Handel und Bauwirtschaft wachsen über sich selbst hinaus. Aber Industrie und Tourismus dämpfen das Konjunkturklima in der Region.

„Die wirtschaftliche Lage unserer Unternehmen ist immer noch überdurchschnittlich gut“, hieß es jetzt von der der IHK zur Konjunkturumfrage für das Frühjahr. „Der Saldo zwischen positiven und negativen Antworten bei der Befragung liegt zehn Prozentpunkte über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.“ Dreimal im Jahr fragt die IHK etwa 730 Unternehmen in der Region nach Lage und Erwartungen.

Unternehmen wollen planen

Die Firmen sind derzeit mit zahlreichen Unwägbarkeiten konfrontiert. Dem Tourismus etwa machen die Terroranschläge zu schaffen. Unternehmer fordern in der aktuellen Konjunkturumfrage mehr Planungssicherheit. Stark beschäftigt sie der Umsetzungsstau in der Energiewende. Wechselnde Gesetzesvorgaben und die von der internationalen Förderpolitik abhängigen Rohölpreise erschweren die Kalkulationen vor allem in Industriebetrieben.


Exportgeschäfte schwanken

Zahlreiche politische Entscheidungen in den nächsten Monaten werden die Marschrichtung der exportorientierten Wirtschaft beeinflussen. Die Entwicklungen der chinesischen Wirtschaft und der BRIC-Staaten, der Ausgang der USA-Präsidentschaftswahlen, der Verlauf der TTIP-Verhandlungen sowie ein möglicher Brexit werden Signalwirkung haben. Die Automobilzulieferer insbesondere im Süden des IHK-Bezirks fürchten die Auswirkungen der VW-Abgasaffäre auf Geschäftspartner von Audi.

Seit 2014 ist die Zahl der Beschäftigten in den Betrieben der Region stabil. Erhöhten Bedarf an geschultem Personal meldet der Einzelhandel. Ein Drittel sucht Mitarbeiter. Die Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk sank im April auf 3,2 Prozent. Das ist der niedrigste April-Wert überhaupt. Zum Vergleich: im Landkreis Neumarkt waren im April nur 1,9 Prozent arbeitslos

Bauwirtschaft

Der gute Jahresstart setzt sich fort, der Konjunkturklimaindikator stieg durch die hohen Geschäftserwartungen seit der letzten Befragung um zwölf Punkte. 44 Prozent der Bauunternehmen berichten über gestiegene Aufträge in den letzten Monaten. Das untermauert die amtliche Statistik mit einem Anstieg der Auftragseingänge um 30 Prozent im Januar und Februar 2016. Doch nicht alle Bausparten legten zu: Während der Wohnungsbau auf hohem Niveau weiterbetrieben wird und sich der Wirtschaftsbau erstmals seit Anfang 2015 erholt, klagen die Befragten über ausbleibende Aufträge im öffentlichen Sektor. Erhöhte Personal- und Materialpreise lassen sich zum Saisonbeginn im Frühjahr nicht weitergeben, dreiviertel der Befragten wollen die Preise für Auftraggeber nicht erhöhen. Als regionale Risikofaktoren nennen einige Unternehmen die zunehmenden Zahlungsrückstände der Kunden. Für die Bausaison rechnen 30 Prozent der Firmen mit einer Vollauslastung.

Dienstleistungen für Unternehmen

52 Prozent der befragten Dienstleister zeigen sich mit der aktuellen Geschäftslage sehr zufrieden, das hohe Umsatzniveau vom Jahresbeginn konnte jedoch nicht gehalten werden. Werbebranche, Beratungsunternehmen, Immobilienwirtschaft und IT-Dienstleister legten erneut zu. Abhängig von der Entwicklung anderer Branchen stellen sich 73 Prozent der Betriebe auf eine Konsolidierung der Auftragslage ein, ein Fünftel rechnet mit steigenden Umsätzen. In diesem Jahr will jedes fünfte Dienstleistungsunternehmen seinen Personalbestand aufstocken, um neue Produkte und Lösungen für Kunden zu entwickeln. 88 Prozent der Befragten investieren in ihren Standort, dabei ist fast ein Fünftel der Mittel für Produktinnovationen verplant. Eine verstärkte Ausrichtung auf ausländische Märkte und Webshop-Konzepte soll die Abhängigkeit der Branche von regionalen Auftraggebern mindern. Als Hürden nennen zahlreichen Unternehmen die zunehmende bürokratische Belastung und die Folgen des VW-Abgasskandals auf die Zulieferketten der Automobilindustrie. Unternehmensnahe Dienstleistungen erwarten für 2016 keine Wachstumsschübe.

Handel

Die ungebrochene Kauflaune der Bevölkerung führte bei 41 Prozent der Handelsunternehmen zu einer guten Geschäftslage. Unterdurchschnittlich war die Umsatzentwicklung im Bekleidungshandel. Der Großhandel äußert sich mit fast 50 Prozent positiven Antworten deutlich zufriedener als der Einzelhandel. Die Online-Anteile der Umsatzangaben liegen bei Dreiviertel der Befragten unter zehn Prozent. Nach Prognosen führender Institute bleibt die Inflationsrate 2016 deutlich unter einem Prozent. Auch der regionale Handel plant in den nächsten Monaten nur moderate Preiserhöhungen, obwohl einzelne Produkte im Einkauf deutlich teurer wurden. Befragt nach Risiken im regionalen Umfeld nennt die Branche insbesondere die demografische Entwicklung und die daraus resultierende Abwanderung der Kunden, die schlechtere Erreichbarkeit ihrer Geschäfte oder fehlende Möglichkeiten zur Standorterweiterung. Für die Sommersaison erwartet ein Drittel der Betriebe steigende Umsätze.

Industrie

Die rückläufigen Lagebewertungen der Investitionsgüter- und Gebrauchsgüterproduzenten deuten auf eine Konjunkturberuhigung in der Industrie hin. Die positiven Investitionsabsichten vom Jahresbeginn schlugen noch nicht auf die Auftragsbücher durch. Vor allem bei den Industrieunternehmen ab 100 Beschäftigten ließ die hohe Kapazitätsauslastung des vergangenen Jahres nach. Dabei zeigen die Angaben zum Auftragsbestand, dass Inland- und Auslandsgeschäfte in gleichem Maße zurückgingen. Das Exportvolumen nach China und Nordamerika blieb stabil, während 26 Prozent der Unternehmen Einbrüche in der Eurozone verbuchten. Der Blick nach vorne ist deutlich optimistischer. 67 Prozent der Unternehmen gehen von keinem weiteren Abwärtstrend aus, ein Viertel rechnet mit steigendem Auftragsvolumen. Die Angaben zur Beschäftigtenentwicklung liegen per Saldo im positiven Bereich. Erstmals seit 2010 soll die Preisentwicklung in der Branche stagnieren.

Tourismusgewerbe

Die Sommersaison naht, die Stimmung in den Tourismusbetrieben bleibt verhalten. Der Urlaubs- und Tagestourismus kam in den letzten Monaten noch nicht in Fahrt. Während das Beherbergungsgewerbe die Buchungen seit Jahresbeginn konstant halten konnte, meldet die Gastronomie einen gesunkenen Auslastungsgrad von 54 Prozent. Das rückläufige Industriegeschäft vermindert den Umsatz mit Geschäftsreisenden bei 22 Prozent der Befragten. Im Reisegewerbe wirkt sich die Terrorgefahr auf das Buchungsverhalten der Kunden aus. Die Lagebeurteilung war hier zuletzt 2013 so niedrig. Die Hoffnung der Branche liegt in einem stabilen Sommerwetter, das auch Kurzentschlossene in die Tourismusregion zieht. 24 Prozent kreuzten eine günstigere Geschäftserwartung für die nächsten Monate an. Obwohl unterm Strich die Beschäftigtenzahl gleich bleiben soll, haben Hotel- und Gaststätten Probleme, Saisonarbeitskräfte zu finden. Als größtes regionales Risiko werden politische Entscheidungen gesehen, die die Attraktivität als Tourismusregion schmälern.

neumarktonline-Leser können den kompletten Konjunkturbericht hier herunterladen (PDF, 223 kb)
22.05.16
Neumarkt: „Noch überdurchschnittlich gut“
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