"Gedanken zum Neuen Jahr"

Von Dekan Richard Distler

Zum Jahreswechsel wünschen wir uns gegenseitig ein gutes, gesundes und glückliches neues Jahr. Wir tun dies gewiss auch deshalb, weil Gesundheit oder Glück nicht selbstverständlich sind. Mittlerweile gibt es sogar eine Glücksforschung. Aber kann man durch solche Methoden das Glück in den Griff bekommen?

Nach dem wahren Glück suchte schon der Psalmist des Alten Testaments im Psalm 73. Zunächst gesteht er, er habe aufs falsche Pferd gesetzt, als er sich ständig mit anderen Leuten verglich, denen es anscheinend besser geht als ihm selbst. Doch Neid und Eifersucht machten ihn eher unglücklich und bescherten ihm nur Enttäuschung und Frustration. Mehr noch: Sie führten bei ihm zu einer tiefen Glaubens- und Gotteskrise, weil es anscheinend den „Frevlern“, die auf Ehrsucht, Macht und Reichtum setzen, viel besser geht als ihm, dem Frommen.

So ist es gewiss auch für jeden unter uns heilsam, sich im Blick auf das neue Jahr zu fragen: Worauf habe ich bisher gesetzt und worauf setze ich künftig? Was macht mich glücklich und was unglücklich? Führt nicht Eifersucht, Zynismus und Besitzneid oder das immer noch mehr Habenwollen eher zum Unglück als zum Glücklichsein? Doch dann kommt es im Psalm 73 zu einer überraschenden Wende. Sie passiert beim Eintritt des Beters ins Heiligtum des Tempels oder kurz: Beim „Eintritt in den göttlichen Bereich“ und bei der Betrachtung seines Lebens in den Augen Gottes. Da geht ihm ein Licht auf. Er merkt: Das Verhalten der Gottesfrevler ist sinnlos, es hat weder Substanz noch Zukunft.


Auch der Eintritt ins neue Jahr stellt uns vor die Frage: Was gibt meinem Leben Zukunft und was nicht? Bin ich vielleicht schon auf die Spur der Gottesfrevler geraten? Oder habe ich den Mut, wieder neu „in den göttlichen Bereich“ einzutreten und mich auf das zu besinnen, was im Leben wirklich zählt? Für den Beter des Psalms wäre es das größte Glück, Gott näher zu kommen und sein ganzes Vertrauen auf ihn zu setzen. Gottvertrauen und Glaube hat für ihn Bestand. Wäre ein solches Gottvertrauen nicht gerade jetzt für die Zukunft Europas ein starkes Stück? Zumindest hilfreicher als nur Angst zu haben vor einer möglichen Islamisierung. Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber.

Wirkungsvoller ist die Rückkehr zum eigenen Glauben, wirkungsvoller ist die Verankerung in den eigenen christlichen Werten und Wurzeln, die durchaus staatstragend sind und die unserem Land Freiheit, Friedensbereitschaft, Demokratie, Wohlstand und die Fähigkeit zur Toleranz gegenüber Andersdenkenden beschert haben. Ist nicht gerade auch deshalb Deutschland so begehrt in den Augen vieler Flüchtlinge?

Recht verstandenees Gottvertrauen und Glaube beleben und befruchten aber auch die Freundschaft untereinander, den Zusammenhalt in der Familie, die Liebe zueinander, das Schenken, das Teilen mit den Bedürftigen, die Warmherzigkeit und Barmherzigkeit. Gerade das kommende neue Jahr der Barmherzigkeit, das uns Papst Franzikus geschenkt hat, lädt uns ein, miteinander nicht kalt, lieblos oder gar rachsüchtig umzugehen, sondern barmherzig, weil Gott selbst uns sein Erbarmen in Fülle schenkt.

Solche Haltung und solche Lebenseinstellung sind Bausteine des ganz persönlichen Glücks, aber auch für eine glückliche Zukunft unseres Landes und Europas. Hetze, Menschenverachtung. Egoismus und Lieblosigkeit sind auf die Dauer zerstörerisch. Der „Eintritt ins Heiligtum“, der Eintritt in den göttlichen Bereich, wozu der Schreiber des Psalms 73 uns auffordert, führt uns jedoch zum wahren Glück auch im Jahr 2016 und darüber hinaus.
30.12.15
Neumarkt: "Gedanken zum Neuen Jahr"
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