"Gedanken zur Weihnacht"


Die Heilige Familie und die Heiligen drei Könige in der historischen Jesuitenkirche im Neumarkter Münster
Foto:Archiv
Von Dekan Monsignore Richard Distler

Ob wir wohl je verstehen, was da zur Weihnacht passiert ist? Gemeint ist nicht irgendeine Glitzer-, Glöckchen- oder Geschäftsweihnacht. Gemeint ist die eigentliche, die wahre Weihnacht, die noch an ihren göttlichen Ursprung erinnert, eine Weihnacht, die eine wirklich geweihte und heilige Nacht ist, weil sie es wagt, Gott und den Menschen zusammen zu bringen.

Aber kann das sein? Gott und Mensch sind doch wie Feuer und Wasser. Sie sind doch total verschieden, wie können die Zwei überhaupt zueinander finden? Diese Frage stellte sich schon um das Jahr 370 der Kirchenvater Basilius der Große in seiner Weihnachtspredigt: „Weihnachten- ein Gott auf Erden? Unvorstellbar für andere Religionen und nicht Glaubende“, so Basilius. „Dennoch: Ein Gott auf Erden, nicht irgendwo im fernen Himmel, sondern vereint mit uns Menschen, mit gleichem Wesen und mit gleichem Fleisch und Blut“. Doch dann frägt er nochmals: „Wie kann die Gottheit in unsere menschliche Existenz kommen, wie kommt Gott in unser Fleisch und Blut?“

Seine Antwort ist: Es ist ähnlich, wie wenn ein Eisen ins Feuer gehalten wird. Da entweicht nicht das Feuer ins Eisen. Das Feuer beleibt Feuer. Es teilt dem Eisen nur seine Kraft mit und macht es biegsam und geschmeidig. So bleibt Gott weiterhin ganz Gott, auch wenn er zur Weihnacht im Sohn, in Jesus, ganz aus sich heraustritt. Er teilt in Jesus jedem Menschen etwas von seiner göttlichen Kraft mit und setzt sich selber dem Feuer aus. Aber dabei formt uns Gott zu einem neuen Menschen, so wie das Feuer dazu hilft, dem Eisen eine neue Form zu geben. Jesus aber, der Menschensohn und Gottessohn ist das Urbild des neuen Menschen, des Menschen, wie Gott ihn schon von Anfang an formen wollte.


Das ist der erste Grund, warum Weihnachten notwendig geworden ist. Gott will uns zu neuen Menschen machen nach seinem Bild und Gleichnis. Weihnachten erinnert uns an unseren göttlichen Ursprung. Der zweite Grund ist das Drama der Sünde, ausgedrückt im Weihnachtslied: „Christ ist erschienen, uns zu versühnen“. Da ist etwas Schreckliches passiert. Gott wollte der Freund des Menschen sein. Doch der Mensch wollte und will „selbst Herrgott spielen“. In seiner Selbstherrlichkeit machte er sich zum Herrn über die Schöpfung und über seinen Nächsten, seinen „Menschenbruder“. Aber was war und ist die Folge: Zerstörung der Schöpfung, Ausbeutung der Natur, Hass, Neid und Gewalt und immer neu aufflammende Kriege. In seiner Hypris, in seiner Überheblickeit wurde der Mensch nicht zum Gärtner, sondern zum Zerstörer der Natur und der menschlichen Gemeinschaft. Mitten hinein in dieses Schlamassel wird uns neu Weihnachten geschenkt. Da wird uns neu der Friede, „der Schalom“, der heile Zustand geschenkt, so wie die Erde und der Mensch von Gott gedacht war. Ob wir wohl so weitermachen oder zur Weihnacht dieses Geschenk neu annehmen?

Damit wir das Rettungswerk Gottes für die ganze Menschenheit annehmen, hat Gott in Christus alles in die Waagschale geworfen. Passiert ist das am Karfreitag mit seinem Tod und mit seiner Auferstehung an Ostern. Denn Weihnachten und Ostern gehören ganz eng zusammen. Da hat Gott im Sohn mitten im fürchterlichen Drama der Sünde „den Schalter umgelegt“. Da hat er es in Angriff genommen, die riesigen Wunden der Menscheit zu heilen. Aber ist ihm das gelungen? Manche zweifeln sogar daran, dass Gott überhaupt etwas unternommen habe. Sie verweisen darauf, dass immer noch viel Unheiles und Unheiliges in der Welt passiert. Weihnachten aber sagt: Der Keim des Heils, der Keim der Erlösung ist schon in den Schoß der Erde und in die Herzen der Menschen hineingelegt. Begonnen hat das alles mit diesem Kind in der Krippe. Begonnen hat dieses Rettungswerk Gottes damit, dass Gott nicht Feuer und Schwefel regnen ließ, sondern dass er sein göttliches Gewand abgelegt hat und sich in die Gestalt eines kleinen und hilflosen Kindes gekleidet hat. Es ist ähnlich wie wir in einem Weihnachtslied singen: „Entäußerst sich all seiner Gewalt, wird niedrig und gering und nimmt an eines Knechts Gestalt der Schöpfer aller Ding“. Deshalb nochmals die Frage, die Weihnachten mit dem heiligen Basilius an jeden von uns stellt: „Ob wir wohl je verstehen, was da an Weihnachten passiert ist? Weihnachten- ein Gott auf Erden. Unvorstellbar- ein Gott mit uns Menschen, mit gleichem Wesen, mit gleichem Fleisch und Blut!“

Verstehen aber werden wir Weihnachten vor allem dann, wenn wir uns selbst dem Feuer der göttlichen Liebe aussetzen und wenn wir uns von ihm zuinnerst erwärmen und formen lassen.
24.12.15
Neumarkt: "Gedanken zur Weihnacht"
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