„Top in Form“


Pessimistische Unternehmer: die Geschäftslage (blaue Linie) liegt seit Jahren deutlich besser als die - geäußerten - Erwartungen (rote Linie)

NEUMARKT. „Die Wirtschaft in der Region ist top in Form“, hieß es von der IHK im Konjunkturbericht Herbst 2015.

Das Verarbeitende Gewerbe meldet die höchste Auslastung seit drei Jahren. Und trotz der bevorstehender Wintersaison hat rund ein Viertel der Bauunternehmen offene Stellen zu besetzen.


Noch besser als das Verarbeitende Gewerbe stehen die unternehmensnahen Dienstleistungen da. Der Handel stagniert. Die Hälfte der Tourismusbetriebe klagt darüber, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Was die Erwartungen für die nächsten Monate angeht, verunsichern die außenpolitischen Entwicklungen, die Flüchtlingskrise und der VW-Skandal die Unternehmen in der Region.

Bauwirtschaft

Das trockene Sommerwetter führte dazu, dass ein überdurchschnittlich großes Volumen der Bauaufträge, vor allem im Wohnungsbau, abgearbeitet werden konnte. Im Wirtschaftsbau setzte sich bei 36 Prozent der Befragten der negative Trend aus dem Frühjahr fort. Unternehmen, die sich um öffentliche Bauaufträge bewerben, vermelden eine Steigerung des Auftragsvolumens. Wegen des Preisdrucks bei Ausschreibungen verbuchen sie oft nur eine geringe Kostendeckung.

67 Prozent der Unternehmen vergeben Werk- und Dienstverträge an andere Unternehmen. Hauptgründe dafür sind die größere Flexibilität, die Konzentration auf eigene Kernkompetenzen und Kosteneinsparungen. Ein Viertel der Bauunternehmen hat trotz bevorstehender Wintersaison offene Stellen zu besetzen. Saisonal bedingt sinken die Geschäftserwartungen für die nächsten Monate. Steigerungen werden nur im Wohnungsbau erwartet. Erstmals seit fünf Jahren plant die Branche keine Preissteigerungen.

Dienstleistungen

Im Sog der guten wirtschaftlichen Lage beurteilen 55 Prozent der Unternehmer ihre Geschäftslage als gut. Im letzten halben Jahr konnten vor allem unternehmensnahe Dienstleister zulegen. Volle Auslastung melden die Hälfte der Beratungsunternehmen sowie Ingenieur- und Architekturbüros. Die Dienstleistungsunternehmen sind optimistisch. Längerfristig würden die Auswirkungen des VW-Skandals aber auch diese Branche treffen.

Preiserhöhungen wurden überwiegend in den vergangenen Monaten umgesetzt. Das Preisniveau soll nach Angaben der Befragten überwiegend konstant bleiben. Geplante Investitionen betreffen überwiegend Ersatzbeschaffungen und Kapazitätserweiterungen. Die Dienstleister machen ihren wirtschaftlichen Erfolg stark von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen abhängig. 20 Prozent greifen auf Zeitarbeitskräfte zurück, um Spitzen abzuarbeiten. Insbesondere das Logistikgewerbe kann offene Stellen nicht besetzen.

Handel

Die Ergebnisse der Umfrage spiegeln eine stabile Lage im Einzelhandel und gestiegene Umsätze im Großhandel wieder. Insgesamt beurteilen nur zehn Prozent der Teilnehmer die Lage als schlecht. International betrachtet spürt der Großhandel die Preisschwankungen wegen des niedrigen Eurokurses. 38 Prozent der Handelsunternehmen erwirtschaften ihren Umsatz auch im Internet. Über die Sommermonate stieg der Online-Umsatz bei einem Viertel, 33 Prozent berichten über Einbußen.

Mit Ausnahme der Bekleidungsgeschäfte, die von den sommerlichen Temperaturen profitierten, setzten die stationären Geschäfte weniger um. Der Warenbestand liegt verglichen mit den Vorjahren im Durchschnitt. Für die nächsten Monate erwarten 23 Prozent verbesserte, 61 Prozent konstant bleibende Umsätze. Personalbedarf besteht bei knapp der Hälfte der Befragten. Kunden müssen sich auf Preissteigerungen im Textil- und Möbelhandel einstellen. Im Baustoffhandel werden höhere Einkaufspreise weitergegeben.

Industrie

Das inländische Auftragsvolumen erreichte seit dem Frühjahr den Höchststand seit drei Jahren, auch die Auslandsgeschäfte legten bei 30 Prozent der Befragten zu. Entspannte Rohstoffpreise zum Beispiel beim Erdöl trugen zum Höhenflug bei. Eine Ausnahme bildet die Nahrungsmittelindustrie, die durch witterungsbedingte Ernteausfälle mit höheren Rohstoffpreisen konfrontiert ist. Die besten Zahlen zeigt das Geschäft mit Investitions-, Ge- und Verbrauchsgüter.

Die Prognosen für die nächsten zwölf Monate sind in der gesamten Branche weniger optimistisch. Das Verarbeitende Gewerbe rechnet mit sinkenden Aufträgen aus dem In- und Ausland. Der Bezirk der IHK mit starker Automobil- und Zulieferindustrie agiert vorsichtig bei Preisgestaltung, Investitionen und Personalplanung. 19 Prozent der Firmen planen Beschäftigtenzuwächse. 57 Prozent der Industrieunternehmen greifen auf Zeitarbeiter zurück, dabei überwiegend für einen Einsatz unter 18 Monaten.

Tourismusgewerbe

Die TourismusBranche hat im vergangenen Jahr verstärkt in Neu- und Umbauten investiert. 50 Prozent der Tourismusbetriebe berichten über eine gute Geschäftslage, 37 Prozent sind zufrieden. Die schönen Sommermonate führten zu einer guten Auslastung in Hotels und Gaststätten. Umsätze mit Geschäftsreisenden spielen in der Region eine untergeordnete Rolle. Einbrüche gibt es im Tagestourismus, 37 Prozent melden Umsatzrückgänge.

Zeitarbeitskräfte werden in der Branche selten eingesetzt. Nachdem die Hälfte der Unternehmen offene Stellen längerfristig nicht besetzen können, sollen neue Mitarbeiter langfristig im Unternehmen gehalten werden. Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sehen die Hotels, Gaststätten und das Reisegewerbe im Fachkräftemangel und in den Arbeitskosten. Über die Wintermonate wollen 16 Prozent ihre Beschäftigtenzahl senken. Negative Geschäftserwartungen gibt es überwiegend im Beherbergungsgewerbe, das für die Wintersaison bisher unterdurchschnittliche Buchungszahlen aufweist.

neumarktonline-Leser können den Konjunktubrericht hier herunterladen (PDF, 240 kb)
21.10.15
Neumarkt: „Top in Form“
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