Dem Ärger Luft gemacht


Luftballons gegen die geplante Krankenhausreform

NEUMARKT. Proteste vor dem Reichtstag und Luftballons vor dem Neumarkter Klinikum: Krankenhaus-Bedienstete demonstrierten am Mittwoch zweigleisig.

Beim bundesweiten Aktionstag gegen die geplante Krankenhausreform machten Klinikum-Mitarbeiter - unterstützt von Klinikleitung und Personalrat - bei einer sogenannten "aktiven Mittagspause" ihrem Ärger Luft.

Eine Gruppe demonstrierte in Berlin gegen das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG), die zu Haus gebliebenen Mitarbeiter ließen vor dem Klinikum Luftballons steigen.


Mitte des Jahres hat die Bundesregierung den Entwurf für das KHSG, das ab 2016 gelten soll, auf den Weg gebracht. Mittlerweile befindet sich das Werk im Gesetzgebungsverfahren des Deutschen Bundestages. Der Regierungsentwurf bedeute für die deutsche und insbesondere bayerische Krankenhauslandschaft eine teilweise dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, hieß es.

Die meisten Krankenhausträger könnten darauf nur mit Rationierungen reagieren, die unweigerlich eine Verschlechterung der Behandlungsqualität nach sich ziehen werde – entgegen dem eigentlichen Ziel des KHSG, das ja eine Qualitätsoffensive in den deutschen Kliniken fördern wolle.

Die konkreten Auswirkungen des vorgesehenen Entwurfspapiers für die Kliniken des Landkreises Neumarkt mit den Standorten in Neumarkt und Parsberg seien besorgniserregend, hieß es am Mittwoch. Nachdem man in den Vorjahren und aller Voraussicht nach auch im laufenden Jahr ein positives Betriebsergebnis erzielen konnte, kann das KHSG das Kommunalunternehmen bereits ab 2016 in die Verlustzone befördern.

Kumuliert auf fünf Jahre von 2017 bis in das Jahr 2021 stehen in Neumarkt 6,6 Millionen Euro, in Parsberg 0,5 Millionen Euro weniger an Erlösen zur Verfügung – bei konservativer Rechnung. Der demographische Wandel in Deutschland – mehr ältere Menschen mit einer höheren Lebenserwartung einhergehend mit dem medizinischen Fortschritt - werde auch zu einer Zunahme an stationären Behandlungen führen, so die Vision im Klinikum Neumarkt.

Für diese zusätzlichen Behandlungen soll nach dem KHSG-Entwurf ein Abschlag auf stationäre Erlöse greifen, der fünf Jahre lang wirkt. Dabei steigern sich die Mindererlöse durch die Kürzungssystematik des KHSG von Jahr zu Jahr. Das bedeutet, dass in Neumarkt während dieser fünf Jahre 25 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Ärzteschaft und der Pflege nicht finanziert werden, in Parsberg immerhin 2.

Auch eine Antwort auf die Finanzierung der ambulanten Notfallversorgung in den Krankenhäusern bleibe der KHSG-Regierungsentwurf schuldig. Jede Klinik stellt rund um die Uhr an 365 Tagen das volle Equipment und Personal für eine hochwertige Notfallversorgung zur Verfügung. Nach einem Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus aus dem Jahre 2015 betragen die Behandlungskosten in einer Klinik durchschnittlich 126 Euro pro Fall, der nur mit 32 Euro von den Kassen vergütet wird, das heißt bei jeder ambulanten Notfallbehandlung im Krankenhaus fehlen rund 90 Euro. Wenn man bedenkt, dass mittlerweile 14.000 solcher Notfälle im Klinikum Neumarkt behandelt werden, ergibt sich eine weitere jährliche Deckungslücke von rund 1,3 Millionen Euro.

Die angekündigte Qualitätsoffensive sei dem Grunde nach zu begrüßen, hieß es am Mittwoch aus dem Klinikum. Die Kliniken des Landkreises Neumarkt stünden seit Jahren für eine hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung. Dafür sei jedoch eine angemessene personelle, apparative und logistische Ausstattung vorzuhalten, die finanziert werden müsse. Mit dem KHSG in der derzeitigen Form sei dies nicht darstellbar.

Daher würden sich Klinikleitung und Personalrat zusammen mit den Beschäftigten bereitwillig an der bundesweiten Aktion beteiligen. 50 Klinikmitarbeiter aus allen Berufsgruppen fuhren frühmorgens mit dem Bus nach Berlin, um vor dem Reichstag mit erwarteten 10.000 Klinikbeschäftigten aus ganz Deutschland gegen das KHSG zu protestieren. Die zu Hause gebliebenen Beschäftigten opferten ihre Mittagspause, um vor dem Haupteingang ihrem Unmut Lauf zu lassen und ließen 300 Luftballons mit Spruchkärtchen steigen.
23.09.15
Neumarkt: Dem Ärger Luft gemacht
Telefon Redaktion


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