"Befremdlich und unverschämt"

NEUMARKT. "Befremdlich und unverschämt" nennt OB Thumann in einer Stellungnahme gegenüber neumarktonline die "Amigo"-Vorwürfe der Jungen Union.

Außerdem sei dieser Ausdruck ja "bekanntlich bei der CSU begrifflich beheimatet", schreibt Thumann zu den in neumarktonline am Dienstag veröffentlichten Vorwürfen (Bericht hier).

Wir veröffentlichen die Stellungnahme des Oberbürgermeister im Wortlaut:

Nachdem in den letzten Wochen bei den Bürgerinnen und Bürgern eine Unruhe bezüglich eines privaten Bauvorhabens in der Johann-Attenberger-Straße entstanden ist, möchte ich hierzu Stellung nehmen um der überschäumenden Gerüchteküche und teilweiser bewusst gesteuerter Falschmeldungen entgegenzutreten und Klarheit zu verschaffen.  

Als Jurist habe ich gelernt, nicht irgendwelche Aussagen oder durch politische Anfeindungen motivierte Behauptungen zu treffen, sondern mich auf die Fakten zu beschränken.  

Hierzu ist mitzuteilen:  

Ein privater Bauherr beantragte im Januar 2012 den Bau eines Wohnhauses.
An dieser Stelle gibt es keinen Bebauungsplan, so dass sich das Bauvorhaben unstreitig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Baugesetzbuch befindet.
Das Grundstück ist baulich als sehr schwierig einzustufen. Etwa die Hälfte des Baugrundstücks kann vom Bauherrn nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden, da es vom Wendehammer, welcher die einzige Zufahrt zu diesem Gebäude darstellt, gegenüber den Nachbargrundstücken (zur Wolfsteinstraße) etwa um 5 m höher liegt.
In zwei Himmelsrichtungen wird in diesem Grundstück dieser Höhenunterschied überwunden, was die Bebaubarkeit dieses Grundstückes stark einschränkt.
Das Gebäude wurde als Flachdachgebäude auch insoweit genehmigt, da es zum Beispiel in der Form eines Satteldaches für die tiefer liegenden Nachbarn noch höher erscheinen würde und damit eine größere Beeinträchtigung bedeuten würde.  

Prämisse an den Bauherrn war, alle Nachbarunterschriften einzuholen.
Nach deren Einholung wurde der geplante Bau im Zeitraum März 2012 genehmigt.
Seit der Änderung der Bayerischen Bauordnung ab 2008 hat die Baugenehmigungsbehörde in keinem Vorhaben die nachbarschützenden Vorschriften, wie Abstandsflächen etc., zu überprüfen.

Der Gesetzgeber wollte dies in die Verantwortung des Bauherrn und der angrenzenden Nachbarn legen. Selbst nach der BGH-Rechtsprechung ist eine Nachbarunterschrift eine Einwilligung in den Bau und damit der Verzicht auf etwaige nachbarschutzrechtliche Vorschriften.

Die Nachbarn haben nun jedoch von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Abstandsflächen etc. von der Baugenehmigungsbehörde Stadt Neumarkt überprüfen zu lassen. Parallel wurde ein Antrag nach 123 VwGO auf Baueinstellung beim Verwaltungsgericht Regensburg gestellt. Dieses Verfahren läuft. Die Stadt wurde üblicherweise vom Verwaltungsgericht zur Übersendung der Bauakte sowie einer schriftlichen Stellungnahme innerhalb einer gewissen Frist aufgefordert. Diese Frist wird eingehalten.

Die Experten in der Bauverwaltung als auch externe Baujuristen und Architekten bestätigen, dass die Messung der Abstandsflächen aufgrund der topographischen Schwierigkeiten im Gelände äußerst schwierig ist. Alle sind sich jedoch einig, dass das Wohngebäude die Abstandsflächen einhält. Auch die errichteten Stützmauern zur Abstützung des Geländes (zu den Nachbargrundstücken hin), halten ebenso die Abstandsflächen zu den Nachbarn ein. Ein Teil der Stützmauer, die am weitesten im Baugrundstück liegt bzw. am höchsten ist, hält diese zu einem minimalen Teil nicht ein.

Nähere Einzelheiten werden dem Bauherrn und den Nachbarn im Laufe dieser Woche mitgeteilt.

Das Gerichtsverfahren ist nun abzuwarten. Wir befinden uns in einem Nachbarschaftsstreit, was sowohl  für die Gerichte wie auch für die Baugenehmigungsbehörde an der Tagesordnung liegt.

Wenn nunmehr von der CSU-JU irgendeine geartete, übrigens aus dem "Jargon" der Geschichte der CSU selbst genommene angebliche "Affäre" konstruiert wird, erfüllt mich das mit erheblichem Befremden.

Aus meiner Sicht wurden und werden alle Vorschriften eingehalten. Vom Oberbürgermeister wird seit Jahren verlangt, die in der Vergangenheit sehr strikten Bauregelungen zu lockern.

Tägliches Brot für den Oberbürgermeister ist es, Meinungen der Verwaltung zu sammeln und dann auch Entscheidungen zu treffen. Viele Bauvorhaben, auch größere, wie das WGG, der Neue Markt und viele mehr führen zu einer Vielzahl  von einzelnen Verwaltungsmeinungen. Nur Entscheidungen des Oberbürgermeisters führen zu positiven bzw. raschen Ergebnissen.  

Auch in anderen Verwaltungen, bzw. Unternehmen, wird es immer so sein, dass verschiedene Meinungen vorherrschen, und der Chef einer Verwaltung oder eines Unternehmens Entscheidungen treffen muss.

Insgesamt halte ich deshalb die Vorwürfe als sehr irritierend und werde auch dementsprechende rechtliche Schritte prüfen.

Ohne auf Vorgänge in der Vergangenheit einer absoluten CSU-Mehrheit eingehen zu wollen, betrachte ich einen derartig groben Vorwurf, der bekanntlich bei der CSU begrifflich beheimatet ist, umso mehr befremdlich und unverschämt, zumal lediglich irgendwelche Behauptungen, ohne jegliche Detailkenntnis einfach wiedergegeben wurden.

Als Oberbürgermeister behalte ich mir hier wie auch in Zukunft vor, strittige Fragestellungen und Entscheidungsfindungen meiner eigenen, schlussendlichen Entscheidungskompetenz zu unterstellen. "

19.06.13
Neumarkt: "Befremdlich und unverschämt"
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