"Verträge unterzeichnet"
Pfleiderer will in Neumarkt Arbeitsplätze abbauen
Fotos:Pfleiderer AG
NEUMARKT. Die Einigung mit den Gläubigern ist perfekt: die Verträge zur finanziellen Restrukturierung von Pfleiderer sind unterzeichnet.
Das gab das Neumarkter Unternehmen am Donnerstagabend bekannt. Die Vertrags-Details entsprechen den Angaben, die man bereits Ende April bekanntgegeben hat (
wir berichteten). Danach verzichten die Gläubiger - vor allem Banken und Hedgefonds - auf 40 Prozent der Verbindlichkeiten. Außerdem erhält das Unternehmen 100 Millionen Euro frisches Geld.
Die dazugehörigen Verträge wurden von allen Gläubigern unterschrieben. Damit befindet sich die finanzielle Restrukturierung des Konzerns weiter voll im Zeitplan, hieß es am Donnerstagabend.
Hans Overdiek
Hans-Joachim Ziems
Vorstandsvorsitzender Hans H. Overdiek nannte dies einen "guten Tag für Pfleiderer". Durch die Einigung mit den Gläubigern sei nun das Fundament gelegt, um dem Unternehmen wieder eine solide Finanz- und Kapitalausstattung zu verschaffen. "Die Umsetzung des Konzepts wird zu einer massiven Entschuldung führen, die uns neuen Handlungsspielraum gibt. Wir haben nun die Chance, die operative Restrukturierung unseres Konzerns voranzutreiben und erfolgreich abzuschließen", sagte der Pfleiderer-Chef.
Der erhebliche Forderungsverzicht der Finanzgläubiger sei davon abhängig, dass die Hybridanleihegläubiger und die Aktionäre den vorgeschlagenen Maßnahmen ohne Vorbehalte zustimmen, sagte der Restrukturierung-Spezialist im Vorstand, Hans-Joachim Ziems. Dafür werden man in den kommenden Wochen und Monaten "mit aller Kraft werben". Denn das Rettungskonzept sei für Pfleiderer mit seinen mehr als 5000 Mitarbeitern "ohne Alternative". "Seine Umsetzung ist im Interesse aller Beteiligten", sagte Ziems.
In der Pressemittelung wurden die wesentlichen Punkte der finanziellen Restrukturierung aufgeführt:
- Das Restrukturierungskonzept umfasst einen Forderungsverzicht der Gläubiger auf die Finanzverbindlichkeiten des Konzerns (ohne den separaten Finanzierungskreis Osteuropa) in Höhe von 40 Prozent der in Anspruch genommenen Linien. Hinzu kommt ein Teil der aufgelaufenen Zinsen und Gebühren. Dies entspricht einem Betrag von insgesamt rund 380 Millionen Euro.
- Die Gläubiger stellen der Gesellschaft im Mai 2011 zudem einen zusätzlichen Kreditrahmen von 100 Millionen Euro als erstrangig besichertes Darlehen ("Super Senior") zur Verfügung. Das Super Senior-Darlehen soll nach Durchführung der geplanten Kapitalmaßnahmen zur Hälfte wieder zurückgeführt werden.
- Vorstand und Aufsichtsrat werden einer außerordentlichen Hauptversammlung, die voraussichtlich in der zweiten Hälfte Juli 2011 stattfinden wird, einen massiven Kapitalschnitt vorschlagen. Dieser wird dazu führen, dass die Aktionäre zunächst nur noch etwa ein Prozent des bisherigen Grundkapitals halten werden; sie haben aber die Möglichkeit, im Zuge einer Kapitalerhöhung den Anteil auf bis zu 16 Prozent aufzustocken.
- Zur Wiederherstellung einer soliden Eigenkapitalbasis ist anschließend eine Barkapitalerhöhung mit einem Mittelzufluss von bis zu 100 Millionen Euro geplant. Davon sollen 60 Millionen Euro von den Gläubigern erbracht werden, während 40 Millionen Euro von den Aktionären der Pfleiderer AG oder sonstigen Dritten finanziert werden sollen.
- Die Gläubiger sind zudem bereit, in Höhe jenes Teils der Kapitalerhöhung, der von den Aktionären oder sonstigen Dritten nicht erbracht wird, einen weiteren erstrangigen Kredit ("Super Senior") von bis zu 40 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Damit ist der vorgesehene Mittelzufluss von 100 Millionen Euro in jedem Fall gesichert.
- Nach Vollzug der Kapitalerhöhung sollen die Gläubiger mindestens 80 Prozent am erhöhten Grundkapital der Pfleiderer AG halten. Dieser Anteil kann sich in dem Maße erhöhen, in dem weder die bisherigen Altaktionäre noch Dritte die auf sie entfallenden Aktien an der Kapitalerhöhung zeichnen. Die Mehrheitsposition reflektiert den signifikanten Forderungsverzicht und die Garantie des Mittelzuflusses durch den Super Senior-Kredit in Höhe von bis zu 40 Millionen Euro. Die Aktionäre können ihren Anteil am Grundkapital durch Zeichnung des auf sie entfallenden Anteils an der Kapitalerhöhung gegen eine Bareinlage von bis zu 40 Millionen Euro um bis zu 15 Prozent von 1 Prozent auf bis zu 16 Prozent erhöhen.
- Die Inhaber der 2007 begebenen Hybridanleihe mit einem Nominalvolumen von 275 Millionen Euro sollen auf ihre Rechte vollständig verzichten und im Gegenzug mit 4 Prozent am Grundkapital nach der Kapitalerhöhung beteiligt werden. Dies entspricht inklusive der aufgelaufenen nicht gezahlten Zinsen einer weiteren Entschuldung um rund 340 Millionen Euro.
- Gläubiger, die auf 40 Prozent ihrer Forderungen verzichten, sich aber nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen wollen, erhalten Optionsanleihen, die unter bestimmten Bedingungen in Aktien gewandelt werden können.
Auch Zustimmungsvorbehalte und "weitere Schritte" wurden in der Mitteilung aufgeführt:
- Die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen steht von Seiten der Gläubiger unter dem Vorbehalt, dass sowohl die Anleihegläubiger als auch die Aktionäre in getrennten Versammlungen den entsprechenden Schritten ohne Einschränkung zustimmen.
- Nach aktuellem Stand ist für Juni eine Versammlung der Anleihegläubiger geplant und für die zweite Hälfte Juli eine außerordentliche Hauptversammlung der Pfleiderer AG.
- Es wird erwartet, dass die Umsetzung des Restrukturierungskonzepts bis weit ins zweite Halbjahr 2011, gegebenenfalls bis ins erste Quartal 2012 dauern wird
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12.05.11
Neumarkt: "Verträge unterzeichnet"