"Eine einzige Farce"

Was kostet eine Fußballabteilung in der Landesliga? Diese Frage stellt sich mir seit dem vergangenen Donnerstag. An diesem Tag wurde die neue Abteilungsleitung für Fußball des ASV Neumarkt neu gewählt. Nach meinen Informationen war diese "Wahl" eine einzige Farce, vorherige Absprachen wurden ignoriert, nur weil es ein Sponsor es so wollte.

Zur Vorgeschichte. Der Abteilungsleiter Fußball des ASV, Robby Gärtner, übernahm dieses Amt vor etwa sechs Jahren, als sich der ASV in jeglicher Hinsicht in schwierigem Fahrwasser befand. Sowohl die sportliche, als auch die finanzielle Lage war damals alles andere als rosig. Robby Gärtner sprang ein und führte die ASV Fußballer aus ihrem Schlamassel. Derzeit belegt die Mannschaft einen hervorragenden 5. Platz in der Landesliga.

Was am letzten Donnerstag passierte kündigte sich schon längere Zeit an: Robby Gärtner geriet in die Schusslinie des Hauptsponsors. Dieser stellte dem ASV ein Ultimatum, man könnte auch sagen, er erpresste den ASV, und verlangte, dass Gärtner seinen Abteilungsleiterposten aufgeben muss. Sollte dies nicht geschehen, werde er künftig kein Geld mehr zur Verfügung stellen. Die Rede ist dabei von etwa 50 000 Euro im Jahr, wahrlich kein Almosen, sondern richtig viel Geld.

Dies aber sollte, kann und darf nicht dazu führen, dass sich ein Verein wie der ASV Neumarkt, dem ich im übrigen seit nunmehr 49 Jahren als Mitglied angehöre, so erpressen lässt. Ein Sponsor, so meine wohl allzu blauäugige Sicht, stellt Geld für einen bestimmten Zweck zur Verfügung, drängt sich aber ansonsten nicht als Diktator auf. So lange die Abteilungsleitung mit dem ihr anvertrauten Geld seriös und verantwortungsvoll umgeht und sich dazu noch der sportliche Erfolg einstellt, kann man sie nicht so ohne weiteres abschieben bzw. dessen totalen Rückzug erzwingen.

Das aber geschah offensichtlich vergangene Woche bei meinem ASV. Trotz vorheriger Absprachen, wie denn die neue Abteilungsspitze aussehen könnte, wurde entgegen dieser Absprachen Robby Gärtner völlig ausgebootet. Leider machte auch der Vorsitzende des Hauptvereins, der diese Versammlung leitete, weil die Abteilungsspitze bereits vorher zurückgetreten war, bei dieser Verfahrensweise keine glückliche Figur. Er ließ dieses skandalöse, unwürdige Schauspiel zu und führte dabei auch noch die Regie.

Nun haben wir zwar eine neue Abteilungsleitung, hinter der, wie ich bei Nachfragen erfahren konnte, nur wenige Mitglieder wirklich stehen. Nichts gegen den neuen Abteilungsleiter, ganz im Gegenteil, ihn pfiff offensichtlich noch am Wahltag der Hauptsponsor von seinem Ansinnen, mit Robby Gärtner und Wolfgang Seipl als seine Stellvertreter künftig die Abteilung zu führen, zurück und erzwang den völligen Rückzug Gärtners.

Es mag ja manche Fehler oder weniger glückliche Vorfälle in der Ära Gärtner gegeben haben, die ganz große und überwiegende Zahl seiner Entscheidungen und Taten, die er vollbrachte, fanden stets die Unterstützung seiner Mitstreiter und auch der Geldgeber. Nur einen "Fehler" mochte man ihm offensichtlich nicht nachsehen: Er entschied sich vor rund einem Jahr dafür, für die SPD in den neuen Stadtrat einziehen zu wollen.

Kaum war dies bekannt, trat die völlige Niete für diese Aufgabe, der Verantwortliche für die Werbung und das Sponsoring beim ASV, Jürgen Bäuml, von seinen Ämtern zurück. Als Begründung führte er in einer an sämtliche Abteilungsleiter des ASV gerichteten eMail an, dass es beim ASV Fußball nicht mehr Spielersitzungen, sondern SPD-Stammtische gäbe!

Welch ein dummes Geschwätz, welch eine erbärmliche Ausrede für die Flucht aus der Verantwortung, der dieser Herr nie gerecht worden war! Kaum war diese infame Sauerei ausgestanden, wurden immer mehr die Forderungen des Hauptsponsors nach dem völligen Rückzug Gärtners laut.

Dies ist deshalb für mich so enttäuschend, weil ich in all den Jahren meiner Mitgliedschaft so etwas noch nicht erleben musste. Zum einen war die politische Überzeugung eines jeden seine eigene Sache und spielte im Verein keine Rolle. So durfte ich miterleben wie Abteilungsleiter und dessen Stellvertreter aus allen möglichen politischen Lagern völlig unproblematisch zum Wohle des Vereins zusammen gearbeitet haben. Ob diese Herren Johann Mößl, Uli Maurer, Herbert Graf oder Gregor Reischböck hießen, Politik und persönliche Ansichten spielten keine Rolle; zum Wohle des Vereins, der Fußballabteilung wurde zusammen gearbeitet! So sollte, so muss es sein, will man weiterkommen und sportlichen Erfolg mit wirtschaftlicher Stabilität erreichen. Diese Regel, diese bisher beim ASV praktizierte und gelebte Arbeitsweise wurde zerstört. Zerstört, nur weil es ein Geldgeber so wollte. Was die Mitglieder wollen, was die Mannschaften wollen, wen interessiert das?

Die ersten "Erfolge" dieser neuen Arbeitsweise traten schon wenige Tage nach den Neuwahlen zu Tage. Der bisherige Co-Trainer der zweiten Mannschaft, Josef Kollmann, wurde noch am Donnerstag Abend, nach den Neuwahlen, vom neuen Abteilungsleiter die Leitung (Training und Betreuung) der C-Jugend übertragen. Am Samstag jedoch, als er in die Umkleidekabinen der Jungen kam, wurde ihm unzweideutig klar gemacht, dass er nicht mehr für die C-Jugend verantwortlich sei. Diese Aufgabe wurde ihm, dem vor Wochen zurückgetretenen Stadionsprecher, Giske, übertragen. Nach Rücksprache stellte es sich heraus, dass der Abteilungsleiter davon nichts gewusst hat. Es deutet in diesem Zusammenhang einiges auf Vetternwirtschaft und Kungelei hin, so die Äußerungen in der ASV Gaststätte.

Für mich als jahrelanges ASV-Mitglied ist solche ein Entwicklung unverständlich. Es kann wohl nicht sein, dass ein Abteilungsleiter über Jahre hinweg offensichtlich gute Arbeit leistet und dann in solch mieser Art und Weise vom Feld gejagt wird. Ein solch ehrbarer, geschichtsträchtiger und mitgliederstarker Verein, wie es der ASV nun mal ist, hat solche Methoden nicht notwendig und sollte sich solcher Sponsoren, die nicht das Wohlergehen des Vereins im Sinne haben, sondern nur ihre Machtspielchen treiben wollen, schnellstens entledigen. Wie sich abhängig machen von Geldgebern enden kann, zeigt ja das Beispiel aus Feucht mehr als deutlich!

Viel Glück der Fußballabteilung und ihres neuen Vorsitzenden, Hubert Kirsch, bei der Lösung der bevorstehenden Probleme für die neue Saison, hoffentlich ohne erpresserische Sponsorenmethoden! Dem machtgeilen, fehlgeleiteten Sponsor möchte ich noch eines sagen: Der ASV Neumarkt entstand nach dem Krieg aus der Fusion zwischen der Freien Turnerschaft (fortschrittlich/rot) und der DJK Germania (konservativ/schwarz), womit vorprogrammiert war, dass es immer wieder zu Konstellationen kommen wird, in denen verschiedene politische Ansichten zusammen arbeiten müssen, was sie auch seither bestens taten.
22.04.08
Karl-Heinz Brandenburger, NeumarktNeumarkt: "Eine einzige Farce"
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