Offener Brief

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Fraktion und Vorstand der Berchinger SPD haben mich beauftragt, Sie mit einem öffentlichen Brief um Bekanntgabe und Erläuterung mehrerer in nichtöffentlicher Sitzung gefasster Beschlüsse des Stadtrats zu bitten. Gleichzeitig sollen damit teils völlig unrichtige oder nur teilweise richtige Meldungen korrigiert werden.

In der Lokalpresse wie im Gemeindemitteilungsblatt war zu lesen, der Verein der Altstadtfreunde habe ein Kleinbauern-Haus am Reichenauplatz gekauft und es sei nun mit Zuschüssen möglich, dieses zu sanieren. Soweit ist dieses möglicherweise schon richtig. Aber diese veröffentlichte Meldung gibt ein richtiges Bild nur wieder, wenn der interessierte Leser auch erfährt, dass der Erwerb nur mit Stadtrats-Beschluss möglich wurde und ausschließlich mit Steuergeldern aus der Stadtkasse und mittels der Umleitung der Verfügungsmittel der örtlichen Banken (mit denen die Stadt ansonsten z.B. die Pflege von Spiel- und Bolzplätzen finanziert). Die Öffentlichkeit hat ein Recht um die Verwendung von Steuern und Spenden zu wissen. Außerdem wird die Sanierung dieses Anwesens, die mit Kosten geschätzt sind, die den Bau eines Einfamilienhauses weit übersteigen, zu weiteren Zuschuss-Anträgen an die Stadt führen.

Mehrere Veröffentlichungen gab es in Sachen Beteiligung der Stadt an Sanierungsvorhaben im Kloster Plankstetten in Höhe von 24 Millionen Euro im zweiten Abschnitt. Der Stadtrat sah sich in einer ersten Beratung angesichts der angespannten Haushaltslage zu einem zustimmenden Beschluss nicht in der Lage. Nach Intervention aus dem Landratsamt und von Seiten des Freundeskreises der Plankstettener Benediktiner wurde nichtöffentlich ein weiterer Mehrheits-Beschluss gefasst, der ausdrücklich zwei Ziele hatte: einerseits dem Kloster den Weg zu öffentlichen Fördertöpfen frei zu machen, aber andererseits dem nächsten Stadtrat auch noch nicht die Bürde eines bestimmten Betrags oder eines festen Prozentsatzes an den Sanierungskosten vorzuschreiben. Ein Beschluss, der als Versprechen interpetiert werden kann und damit Risiken birgt, der aber auch dem kommenden Stadtrat Handlungsspielraum lässt.

Mehrfach war in der Presse zu lesen, die Stadt habe die Firma Interbau GmbH, Träger des Bauvorhabens im Rachental, verklagt auf Zahlung einer Wertabschöpfung. Dies ist in mehrfacher Hinsicht unrichtig. Schon der Begriff Wertabschöpfung ist falsch. Es handelt sich um einen von der Baufirma angebotenen, mit dem Rathaus ausgehandelten und notariell verbrieften Wertausgleich. Eine Ausnahmeregelung von einem generellen seit 20 Jahre geltenden und beachteten Stadtratsbeschluss, dass von jedem neuen Baugebiet 50 Prozent durch die Stadt verkauft werden soll, war der Firma die Zahlung eines sechsstelligen Betrags wert. Die Firma war auch bereits, diesen als Sicherheit ins Grundbuch eintragen zu lassen. Als nach Jahren zögerlicher Zahlungseingänge die Stadt ein Mahnverfahren einleitete, wurde seitens der Firma Klage erhoben. Die Stadt antwortete mit Widerklage. Das Gericht legte eine Vergleichsregelung nahe. Der Stadtrat fasste mehrheitlich in nichtöffentlicher Sitzung einen entsprechenden Beschluss. Der Geschäftsführer der Interbau, 3. Bürgermeister Preischl, sagte im Verlauf der letzten Sitzung, sein Ziel sei nicht dieser Vergleich, sondern Klage und Gerichtsurteil. Die Öffentlichkeit hat ein Recht, dies zu erfahren.
Ebenso, dass seitens der Baufirma ein weiterer Vertrag über einen gesetzlich vorgeschriebenen ökologischen Ausgleich seit Jahren nicht eingelöst wird. Der Stadtrat hatte auf Wunsch der Firma beschlossen, die Fläche des Baugebiet Am Steinweg aus dem Landschaftsschutz herauszunehmen. Dafür wurde vertraglich ein hohe fünfstellige Bürgschaft vereinbart. Sowohl die Bürgschaft als auch der Erwerb der ökologischen Ausgleichsfläche lassen seit Jahren auf sich warten. Im schlimmsten Fall haftet hierfür die Stadt mit Steuermitteln.

Gemeinde- und Geschäftsordnung verbieten mir die Bekanntgabe weiterer Details, insbesondere preislicher Vereinbarungen. Dem einzelnen Stadtrat sind diesbezüglich die Hände gebunden. Der einzelne Stadtrat kann schon nicht entscheiden, welche Sachverhalte zu Beratung und Beschlussfassung im nichtöffentlichen Sitzung stattfinden. Aber es ist ausdrückliche Pflicht des Bürgermeisters, Beschlüsse, deren konkretere Inhalte und Begründungen bekannt zu machen. Nicht wenn es opportun erscheint, sondern wenn die Gründe für die Geheimhaltung wegfallen. Natürlich ist der Datenschutz strikt zu beachten. Dies bitte ich zu veranlassen.

In der Hoffnung, es gibt keinen Anlass, diesen öffentlichen, aus Sicht der Fraktion notwendigen Brief als Verstoß gegen Geheimhaltungs-Pflichten aufzufassen, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
08.01.08
Josef Mayer, Stadtrat, BerchingNeumarkt: Offener Brief
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