Schock für die CSU


Um 18.27 Uhr meldete neumarktonline die Sensation: Thumann ist mit absoluter Mehrheit zum Neumarkter Oberbürgermeister gewählt!
Fotos: Archiv/ Zwick, Meier

Eben ist Thomas Thumann (Mitte) im Rathaus eingetroffen und
erfährt von den aktuellen Ergebnissen: UPW-Anhänger fallen
sich um den Hals.
NEUMARKT. Es war eine Wahl-Sensation, wie sie die Stadt Neumarkt noch nie in ihrer Nachkriegs-Geschichte erlebt hat: Vor einem Jahr schlug Thomas Thumann von den Freien Wählern den hochfavorisierten CSU-Kandidaten mit einer klaren absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang.

neumarktonline war am Abend des 4. Dezember 2005 erstmals das unbestrittene Informations-Medium Nummer eins in Neumarkt und weit darüber hinaus: Um 18.27 Uhr hob Redakteur Wolfgang Meier in fliegender Hast und roter Schrift die erste Schlagzeile auf die Titelseite: "Stichwahl nicht nötig: Thumann schlägt Graf!"

Gut zehn Minuten nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr traf im Sitzungssaal des Rathauses das erste Ergebnis der insgesamt 40 Wahllokale und acht Briefwahlbezirke ein. Im Sitzungssaal warteten Meier, neumarktonline-Mitarbeiter Erich Zwick, etliche andere Journalisten und zahlreiche Politiker auf die Beantwortung der scheinbar spannenden Frage: Kann der junge UPW-Bewerber den altgedienten und hoch angesehenen CSU-Bürgermeister Arnold Graf in eine Stichwahl zwingen ?

Denn darüber waren sich alle einig: Die bei Wahlen von absoluten und mitunter Zweidrittel-Mehrheiten verwöhnte CSU wird es nicht so leicht wie sonst haben, nach dem Wechsel von OB Alois Karl nach Berlin einen CSU-Mann am Chef-Schreibtisch des Neumarkter Rathauses zu platzieren. Ein öffentlicher "Bürgerbrief" Karls mit Angriffen auf Thumann wenige Tage vor der Wahl hatte leises, aber deutlich vernehmbares Murren im Wahlvolk ausgelöst. Außerdem war damals der Eindruck entstanden, Karl habe die Fäden gezogen, um den pensionierten Schulleiter Arnold Graf auf den Kandidaten-Stuhl der CSU zu hieven - mit dem Hintergedanken, wegen Grafs Alter (und damit beschränkter Amtszeit) könnte vielleicht in einigen Jahren seine triumphale Rückkehr ins Neumarkter Rathaus möglich sein.


Fassungslosigkeit bei der CSU um 18.30 Uhr: MdL Herbert
Fischer und Stadtverbands-Chef Helmut Jawurek glauben ihren
Augen nicht zu trauen.
Pfeifendeckel ! Alle tatsächlichen oder unterstellten Zukunftspläne der CSU zerstoben, als ein grinsender FLitZ-Mann im Sitzungssaal das erste von 48 Ergebnissen verkündete: Über 50 Prozent für den UPW-Mann Thumann !

Die Journalisten im Rathaus waren so perplex wie die Politiker. " Ein Scherz, dachten wir zuerst", erinnern sich die beiden altgedienten neumarktonline-Journalisten, "und als wir das Ergebnis schwarz auf weiß sahen: sicher ein Ausreißer!".

Doch die jetzt am laufenden Band eintreffenden Ergebnisse waren eindeutig: 53 Prozent, 51 Prozent, 53 Prozent - als dann das Wahllokal Grundschule Holzheim gar 65 Prozent für Thumann meldete, "wußten wir: die Wahl war gelaufen!"

UPW-Kandidat Thomas Thumann hatte nicht nur eine absolute Mehrheit von CSU-Mann Graf verhindert, sondern seinerseits im ersten Wahldurchgang eine absolute Mehrheit erreicht.

Die Wahlnacht

Einige ausgewählte Meldungen aus der Wahlnacht und den Tagen danach:

Thumann schlägt Graf (4.12.05)
"OB für alle Neumarkter" (4.12.05)
Weniger als ein Drittel... (4.12.05)
Thumann nimmt Wahl an (4.12.05)
"Neuer Politikstil" erhofft (4.12.05)

Selbstverschuldeter K.O. (5.12.05)
CSU leckt ihre Wunden (7.12.05)
Wahlergebnis bestätigt (9.12.05)

Einen Überblick über die Berichterstattung vor und nach der Wahl sowie alle Ergebnisse aus allen Wahllokalen finden Sie hier
Meier hämmerte noch im Rathaus die erste Meldung und die erste Schlagzeile in einen Rathaus-Computer (hinter dem Empfangstresen im Erdgeschoß - für eine Verbindung mit dem eigenen Laptop war keine Zeit mehr). Um 18.27 drückte er auf Enter - und Neumarkt und die Welt waren von der Sensation im Neumarkter Rathaus informiert.

Mehr als ein Dutzend Mal wurde der Bericht im Laufe des Abends noch aktualisiert. Etliche weitere Berichte sowie die exakten Ergebnisse aus allen Wahllokalen sorgten dafür, daß die Neuigkeit in Windeseile in Neumarkt und weit darüber hinaus die Runde machte. Hunderte, manchmal über tausend Leser klickten sich gleichzeitig bei neumarktonline ein - bis in die frühen Morgenstunden waren es wohl weit über 50.000 Seitenaufrufe.

Im Sitzungssaal des Rathauses unterdessen lähmendes Entsetzen bei den CSU-Mitgliedern und -Anhängern. Gestandene CSU-Stadträte stehen mit käseweißem Gesicht vor den neuesten, an die Wand des Sitzungssaales projezierten Ergebnisse. Der CSU verbundene leitende Rathaus-Mitarbeiter ringen um Fassung. CSU-Bürgermeister Erich Bärtl ist einer der ersten, der kopfschüttelnd konstatiert:"Die Wahl ist gelaufen".

Kurz nach 18.30 Uhr kommt der Wahlsieger die Treppen des Rathauses herauf: Thomas Thumann hat zu diesem Zeitpunkt nicht die geringste Ahnung, daß er einen absoluten Wahlsieg errungen hat ! Auch bei ihm ungläubiges Staunen, als er die Zahlen sieht - bis ihm UPW-Stadtrat Franz Düring um den Hals fällt: "Du bist Oberbürgermeister !"

Der große Wahlverlierer, Bürgermeister Arnold Graf, verfolgte die ersten Ergebnisse ebenfalls im Neumarkter Rathaus, allerdings nicht im Sitzungssaal. Erst nach 19 Uhr kommt er - mit nicht einmal einem Drittel der Wählerstimmen vernichtend geschlagen - hinzu und gratuliert, blaß aber gefaßt, dem künftigen Oberbürgermeister.

Wie es das Protokoll verlangt, mußte Thumann noch am gleichen Abend offiziell die Wahl "annehmen". Der damals 40jährige Jurist und Rechtsanwalt stand vor dem Problem, sich buchstäblich von einem Tag auf den anderen von seiner Rechtsanwaltssozietät ("Thumann, Kapfer & Husarek") in Pyrbaum zu verabschieden. Denn laut Gesetz ist er ab dem Tag nach der Wahl "Oberbürgermeister der großen Kreisstadt Neumarkt".

Obwohl angeblich in der Wahlnacht noch das Cafe Düring aufgesperrt wurde und die UPW bis in die frühen Morgenstunden feierte, war Thumann übrigens am Montag, 5. Dezember, pünktlich an seinem neuen Arbeitsplatz im Rathaus erschienen, um erste Gespräche mit den beiden Bürgermeister und seinen Spitzenbeamten zu führen und eine erste Pressekonferenz abzuhalten.

Thumann wurde Neumarkts erster Oberbürgermeister der Nachkriegszeit, der nicht der CSU angehört. Für die Christsozialen war die Wahlniederlage so unerwartet und heftig, daß viele Stadträte noch heute daran zu knabbern haben. Dabei waren Wahlniederlagen bei Kommunalwahlen - wenigstens im Landkreis - für die CSU kein neues Phänomen: der amtierende und der vorherige Landrat waren jeweils über freie Listen in ihr Amt gewählt worden und hatten, wenn auch knapp, die offiziellen CSU-Bewerber geschlagen. Allerdings gehörten sowohl Albert Löhner wie auch Josef Werner Bauer schon vor der Wahl der CSU an und fanden nach der Wahl auch (mit erhobenen Häuptern!) den Weg in den Schoß der Partei zurück.

Auch ein Jahr nach der Wahl wundert sich der damalige "Shooting-Star" noch über den turbulenten Abend des 4. Dezembers 2005. " Ich bin immer noch beim Einarbeiten in das Amt", sagte Thomas Thumann in einem Gespräch mit neumarktonline; Bürgermeister-Kollegen hätten ihm gesagt, daß er dafür mindestens zwei Jahre veranschlagen muß, "aber es wird immer besser". Er habe in den letzten zwölf Monaten versucht, "Themen weiterzubringen, und das ist ja in einigen Fällen auch gelungen", meinte er bescheiden. Von Resignation im Amt gibt es jedenfalls keine Spur: "Ich fühle mich wohl!"
03.12.06
Neumarkt: Schock für die CSU
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ISSN 1614-2853
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