Um 600.000 Euro geprellt

NEUMARKT. Trickdiebe nutzten die Stadt Neumarkt als Geldübergabe-Ort und kassierten von einer Seniorin aus Stein rund 600.000 Euro ab.

Für die Übergabe eines Teils des Geldes wurde die Frau aus Stein nach Neumarkt dirigiert, wo sie glaubte, vor dem Neumarkter Amtsgericht zu stehen, und Bargeld an einen angeblichen Gerichtsdiener überreichte. Der dreiste Trickbetrug erinnert sehr an den Fall vor einigen Tagen, als eine 64jährige Lupburgerin um 51.000 Euro betrogen wurde (wir berichteten).

Die Betrüger schwindelten der Seniorin aus Stein vor, daß ihr Sohn in Neumarkt einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hatte, bei dem ein 17jähriges Mädchen starb. Die verschiedenen Mitglieder der Bande hielten dabei in unterschiedlicher Zusammensetzung als angebliche Polizisten oder Staatsanwälte ständig telefonischen Kontakt zu der Frau und zerstreuten alle Bedenken.

Als die Frau in Neumarkt bereitwillig einen ersten Bargeldbetrag übergab legten die Betrüger nach und zockten die Frau weiter ab - am Schluß hatte die Frau rund 600.000 Euro an sie übergeben.

Die Frau erhielt am Mittwoch letzter Woche gegen 14 Uhr einen Anruf eines angeblichen Polizeibeamten. Der Anrufer gab sich als "Herr Weber" aus und teilte der Dame mit, ihr Sohn hätte einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein 17jähriges Mädchen verstorben sei. Der Polizeibeamte forderte die Zahlung einer Kaution in Höhe von 65.000 Euro.

Die unter Schock stehende Seniorin glaubte dem Anrufer und fuhr daraufhin mit ihrem Auto nach Neumarkt, wo sie gegen 15.25 Uhr den geforderten Geldbetrag übergab. Im Vorfeld war der Frau eine Adresse genannt worden, an der sich das Neumarkter Gericht befinden sollte. Dort angekommen - die Täter waren nach wie vor über Telefon mit ihr verbunden - konnte sie das Gericht nicht finden und fragte nach, was sie nun tun solle. Man sagte ihr, dies sei kein Problem, ein Gerichtsdiener käme sofort heraus. Kurze Zeit später tauchte tatsächlich einer der Gauner am Auto der Frau auf und nahm das Geld im Enmpfang.


Als die Frau wieder zu Hause angekommen war, erhielt sie erneut einen Anruf des "Herrn Weber". Der teilte ihr mit, dass neben der übergebenen Kaution auch noch „Wiedergutmachungsgeld“ für die Familie des getöteten Mädchens zu zahlen sei. Hier wurde ein Geldbetrag von 285.000 Euro gefordert. Die Frau nahm auch diese Forderung als gegeben hin und machte sich zunächst auf den Weg nach Nürnberg, wo die zweite Übergabe stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin wurde sie jedoch durch die angebliche Polizei noch einmal angerufen und nach Würzburg beordert. Dort übergab sie dann gegen 20.30 Uhr das geforderte „Wiedergutmachungsgeld“.

Wieder zu Hause, wurde sie nochmals von "Herrn Weber" kontaktiert. Dieser übergab das Telefongespräch an einen vermeintlichen "Herrn Ludwig" von der Generalstaatsanwaltschaft. Auch hier handelte es sich natürlich um einen Betrüger und Komplizen des "Herrn Weber". Der angebliche Staatsanwalt erklärte der Dame, dass der übergebene Geldbetrag viel zu gering sei. Für eine minderjährige Frau müsse mehr Geld bezahlt werden, dies sei von der Polizei falsch kommuniziert worden. "Herr Ludwig" forderte weitere 450.000 Euro.

Da die Frau angab, lediglich über weitere 250.000 Euro zu verfügen, erklärte sich ihr Gegenüber telefonisch einverstanden und es wurde ein Übergabeort im Nürnberger Norden vereinbart. Hier wurde die Dame auf dem Weg noch einmal umgelotst, so dass die dritte Übergabe dann gegen 0.20 Uhr im Bereich Nürnberg-Langwasser stattfand.

In einem letzten Telefonat nach der Übergabe teilten ihr die Täter mit, sie werde am nächsten Morgen vom Gericht angerufen um das weitere Vorgehen zu besprechen. Da dieser Anruf auf sich warten ließ, nahm die Geschädigte Kontakt zu ihrem Sohn auf, der ihr mitteilte, dass es ihm gut gehe und er nie einen Unfall gehabt habe.

In einem ersten Gespräch mit einem Beamten der ermittelnden "echten" Kriminalpolizei erklärte die Frau, sie sei nach der Mitteilung über den Unfall ihres Sohnes in einer Art Schockzustand gewesen. Die Täter hätten ihr keinen Anlass zum Zweifeln gegeben, da sie äußerst seriös auf sie wirkten, in akzentfreiem Deutsch mit ihr sprachen und für sie zu keiner Zeit irgendwelche Widersprüche erkennbar waren.

Die Täter hätten sie fast durchgehend in der Telefonleitung gehalten und ihr eingebleut, sie dürfe niemanden etwas erzählen, da dies gegen datenschutzrechtliche Regelungen verstoßen würde. Getrieben von der Angst um ihren Sohn, tat die Geschädigte alles, was ihr aufgetragen wurde.
22.02.22
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Telefon Redaktion


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