„Große Liebe“ kann teuer werden


Statt mit der großen Liebe enden Internet-Bekanntschaften oft auch mit großen Verlusten von Bargeld
Symbolfoto: Polizei
NEUMARKT. Die vermeintlich „große Liebe“ im Internet kann teuer werden. Auch im Landkreis Neumarkt zockten Ganoven auf diesem Gebiet schon ab.

Ein 55jähriger Mann aus dem Raum Freystadt bezahlte erst kürzlich über 8500 Euro Lehrgeld an einen unbekannten „Romeo“ (wir berichteten). Jetzt warnte die Polizei vor dem sogenannten „Love- oder Romance-Scamming“ und gab Tipps.

Dass sich Betrüger immer wieder neue Maschen einfallen lassen, um an das Vermögen Anderer zu kommen, ist nichts Neues. Längst werden auch Gefühle und Emotionen auf perfideste Art und Weise ausgenutzt. Man wolle über das Phänomen aufklären, potenzielle Opfer davor schützen, Angehörige sensibilisieren und Bankmitarbeiter aufmerksam machen, sagte ein Polizeisprecher.

„Hey - du siehst aber hübsch aus!“ oder „Wer bist du denn? Ich würde dich gerne näher kennenlernen“ - so einfach beginnen Täter, wenn sie über Dating-Seiten oder Netzwerke versuchen, einen Kontakt zu anderen Personen herzustellen. Doch was darauf folgt, ist den späteren Opfern zu diesem Zeitpunkt kaum bewusst.

Der Betrüger, der sogenannte Scammer (Scamming = betrügen), baut über Plattformen eine Beziehung zum Opfer auf, gesteht schon bald seine Liebe und möchte alles über die andere Person wissen. Kurz darauf wird das Opfer als „Ehemann“ oder „Ehefrau“ bezeichnet und Heiratspläne werden geschmiedet. Ist eine emotionale Abhängigkeit erst einmal hergestellt, so werden die ahnungslosen Opfer im nächsten Schritt dazu gebracht, Geld zu überweisen.


In der Regel muss der Scammer vor dem ersten erwarteten Besuch bei seiner „neuen Liebe“ noch in afrikanische Länder, um geschäftliche oder familiäre Dinge zu erledigen. Dort gibt es dann Schwierigkeiten: Überfälle, gestohlene Pässe oder ein Ticket nach Deutschland kann nicht mehr bezahlt werden. Die Handlungsebene des Opfers wurde durch die gefühlvolle Ansprache bereits vom Bewussten auf die emotionale Schiene verlegt. Daher ist es bereit, große Summen an Geld zu überweisen, um dem vermeintlich Bekanntem zu helfen.

So erging es in den letzten Jahren immer mehr Geschädigten in der Oberpfalz. Sie kommunizierten mit ihren Betrügern und hatten nach kurzer Zeit eine emotionale Verbindung zu ihnen aufgebaut. Nach Monaten wurde dann Geld gefordert. Überweisungen im fünfstelligen Eurobereich an die Täter waren keine Seltenheit. Oft leihen sich die Opfer bei Angehörigen oder Freunden noch weiteres Geld, um ihren Scammer unterstützen zu können.

Gravierend ist bei den Opfern aber auch die Scham, die beim Auffliegen des Betrugs auftritt. Da das Lovescamming oft über Jahre hinweg stattfindet, ist es für die Opfer besonders hart und das Selbstwertgefühl leidet erheblich. Es gab sogar schon Suizid-Fälle.

Scammer wissen genau, wie sie an Gefühle herankommen und wie sie Emotionen ausnutzen können. Was erst einmal für die meisten lächerlich klingt, zeigt sich in der Praxis anders: In der Oberpfalz wurden im Jahr 2019 über 700 Anzeigen wegen Callcenter-Betrugs erstattet, worunter auch das Lovescamming-Phänomen fällt.

Die Polizei rät dazu: Angehörige und Freunde spielen bei diesem Phänomen - ähnlich wie bei anderen Formen des Callcenterbetrugs (Enkeltrick oder falsche Polizeibeamte) - eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund sollen auch ihnen Verhaltenstipps an die Hand gegeben werden, um frühzeitig auf Betroffene einwirken zu können. Meistens handelt es sich bei den geforderten Summen nicht um einen kleinen Betrag. Vielmehr spielt sich der Schaden bei den Opfern im fünfstelligen Eurobereich ab. Solche Geldsummen werden bei den eigenen Banken oder Kreditinstitutionen an den Täter überwiesen. Genau hier sind das richtige Gespür und die Aufmerksamkeit von Mitarbeiter solcher Unternehmen gefragt.

Wenn Kunden eine ungewöhnlich hohe Geldabhebung oder Überweisung wünschen, die teilweise oder fast das gesamte Vermögen umfasst, sollten Bank-Mitarbeiter hellhörig werden: Sollten Bankarbeiter einige dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, können sie mit dem richtigen Verhalten Ihre Mitmenschen vor dieser Betrugsform schützen. Betrüger sind erfinderisch - es ist daher keine Scham, wenn man auf jemanden hereingefallen ist, den man eigentlich für jemanden anderen hielt. Das Polizeipräsidium Oberpfalz möchte zum einen potenzielle Opfer ermutigen, sich nicht zurückzuziehen, sondern den Sachverhalt bei der Polizei anzuzeigen.

Zudem sollen Angehörige oder Freunde sensibilisiert werden, die stark selbstverurteilenden Betroffenen zu bestärken und mit dem Fall zur Polizei zu gehen.
14.06.20
Neumarkt: „Große Liebe“ kann teuer werden
Telefon Redaktion


Telefon Redaktion


neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
Zur Titelseite neumarktonline
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
18. Jahrgang