Arbeiten im Alter: Viele Rentner sind auf einen Minijob angewiesen, um über die Runden zu
kommen
NEUMARKT. Gefangen im Niedriglohn: 5700 Vollzeit-Beschäftigte im Landkreis Neumarkt verdienen weniger als 2.200 Euro brutto im Monat.
Das sind 18 Prozent aller
Menschen, die hier sozialversicherungspflichtig die volle Stundenzahl arbeiten. Darauf hat
die IG Bauen-Agrar-Umwelt hingewiesen. Die Gewerkschafter berufen sich dabei auf eine
aktuelle Statistik des Arbeitsamtes.
„Wer heute in Vollzeit weniger als 2200 Euro
verdient, der ist mit hoher Wahrscheinlichkeit im Alter auf staatliche Stütze angewiesen“, sagte Gewerkschafter Christian Lang.
Das ergebe sich aus Berechnungen der Bundesregierung. Danach muss ein Vollzeit-
Arbeitnehmer im Schnitt mindestens 12,63 Euro pro Stunde verdienen, um nach 45
Beitragsjahren bei der Rente oberhalb der staatlichen Grundsicherung zu landen.
„Einige
werden zwar das Glück haben, dass der Ehepartner besser verdient und so die Renten-
Haushaltskasse später aufbessert. Doch für viele ist die Rente selbst dann extrem knapp“,
sagt Lang.
Für den IG Bau-Bezirksvorsitzenden ist das ein unhaltbarer Zustand: „Altersarmut trotz
Vollzeit – das kann nicht sein. Wer jeden Tag acht Stunden malocht, der muss von seiner
Arbeit auch leben können.“ Lang spricht von einem Ausufern des Niedriglohnsektors, dem
die Politik zu lange zugeschaut habe: „Bei vielen Beschäftigten ist die Angst groß, in Hartz
IV abzurutschen. Deshalb akzeptieren sie auch Niedriglöhne. Etliche Unternehmen nutzen
das schamlos aus. Sie zahlen kaum mehr als den gesetzlichen Mindestlohn.“
Dabei
hätten die meisten Betriebe durchaus Spielräume, mehr zu bezahlen. „Wer sich als
Dumping-Unternehmer nur mit dem gesetzlichen Mindestlohn am Markt behauptet, der
sollte sein Geschäftsmodell ohnehin überdenken“, so Lang.
Eine wichtige Absicherung gegen Armutsrenten seien Tarifverträge, sagt die IG Bau. So lag
der durchschnittliche Tariflohn nach der letzten bundesweiten Berechnung bei 17,90 Euro
pro Stunde – und damit deutlich über dem Armutsrisiko. Ein gelernter Bauarbeiter verdient
nach Tarif sogar 20,63 Euro in der Stunde. Lang: „Wer jedoch für die gleiche Arbeit nur den
speziellen Bau-Mindestlohn bekommt, der hat Monat für Monat 980 Euro weniger auf dem
Lohnzettel. Ihm gehen damit wichtige Rentenpunkte verloren.“
In Zeiten eines massiven Fachkräftemangels im Handwerk sollten Arbeitnehmer auf dem
Tariflohn bestehen, hieß es von der IG Bau. „Von der Gebäudereinigung über das
Dachdeckerhandwerk bis hin zur Landwirtschaft – für Beschäftigte geht es hier um viel
Geld“, so Lang.
Zudem seien in Tarifverträgen oft auch Betriebsrenten vereinbart – eine zusätzliche
Absicherung gegen Altersarmut. Lang verweist auf das Modell vom Bau. Dort werden
Beiträge von der Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau) eingezogen und später als
monatliche Tarifrente ausgezahlt. Je nach Höhe und Dauer der Beiträge kann die
monatliche Extra-Rente mehr als 200 Euro ausmachen.