Lauter Lügen und falsche Schwüre
Als Zeuge wurde der Kriminalbeamte gehört, der die umfangreichen Ermittlungen leitete und der eine meisterliche Mosaikarbeit an Vernehmungsprotokollen abgab. Da hatte er die knifflige Aufgabe, den Knoten aus infamen Lügen und falschen Schwüren zu entwirren. Hatten sich doch die Angeklagten gegenseitig den Eid abgenommen, keiner den anderen zu belasten, was die Wahrheitsfindung nicht einfach machte. Als "Lügenbaron" tat sich da besonders der 30-jährige Neumarkter hervor, der binnen zweier Vernehmungen am gleichen Tag völlig konträre Schilderungen abgab. Vom Ermittler damit konfrontiert, antwortete er nur lapidar: "Ich wollte die nicht reinreiten", womit er mit "die" die zusammen mit dem 26jährigen Hauptangeklagten Hermann L. die zweite Drahtzieherin Jana T. (jetzt 18) meinte. Der Kriminaler apostrophierte sie als "aufmüpfige bockige Jugendliche", die bei ihm einen "eiskalten Eindruck" hinterlassen habe. Der sich gerne in der Rolle des Zaungastes sehen wollende Karsten S. - abwechselnd beschuldigte er Jana und Hermann, dann beide gleichzeitig, das todbringende Feuer an dem wehrlosen 53-jährigen Zygmund R. entfacht zu haben - hätte schließlich den ebenfalls wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord angeklagten Roman L (48) das Verbrechen in die Schuhe schieben wollen. Entsprechende Telefonate zwischen den Hauptangeklagten wurden abgehört und so konnte der Mann schon am ersten Verhandlungstag auf Antrag seines Verteidigers Norbert Schulz das Gefängnis verlassen. Er hatte bereits vor dem verhängnisvollen Zündeln den Ort des schaurigen Gechehens geräumt. Allerdings muß er bis zu einem Urteil, das am Donnerstag erwartet wird, noch die harte Anklagebank drücken. Ausgerechnet die Hauptangeklagte Jana T. lieferte das authentischste Belastungsmaterial gegen sich selber und ihren Komplizen Hermann. Sie hielt die gespenstische Szenerie am nächtlichen Ankerweiher fotografisch fest. Mit gestochen scharfen Bildern konnte der ermittelnde Kriminalbeamte die immer wieder neuen variantenreichen Einlassungen des "Märchenerzählers" Karsten S. enttarnen. So beschuldigte er Jana T. und Hermann L., den obdachlosen, gestrauchelten Autohändler mit Papiertüchern regelrecht "ausgestopft" und dann gemeinsam angezündet zu haben: der L. mit einem Feuerzeug aus seiner weißen Windjacke, die T. mit einem aus ihrer Hosentasche. Ganz so viel Phantasie entwickelte Hermann L. bei seiner polizeilichen Vernehmung nicht. "Es tut mir leid, dass ich Scheisse gemacht habe", gab er zu Protokoll. Und den Beamten bat er, der möge sich bei Gericht für ihn verwenden, dass er mit sozialen Diensten oder einer Geldstrafe davon komme. Da wird er wohl die Rechnung ohne die Strafkammer machen. Bei der Urteilsverkündung kann er allenfalls den Spruch auf sich ummünzen, den er seinem Opfer mitleidlos auf dessen letzten Weg gab: "So, jetzt hat er das, was er verdient." Erich Zwick
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